Der Besuch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim Deutschen Apothekertag (DAT) in München hat den Apotheker:innen nicht allzu viel gebracht – zumal er mal wieder nur digital zugeschaltet war. Doch was hatte er da gesagt? Man werde ihm vom Apothekertag berichten? Und tatsächlich: In einer der hinteren Reihen konnten zwei Leute aus dem BMG enttarnt werden, die ihre Eindrücke fleißig dokumentierten, um ihrem Chef nun Bericht zu erstatten.
So ganz verstehen konnte Lauterbach den Protest der Apotheken gegen sein Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) nicht, schließlich war es doch „die Reform, die Sie sich immer gewünscht haben“, sprach er zu den Delegierten vor Ort. Die Inhaber:innen müssten doch in Jubelschreie ausbrechen, dass ihr Honorar endlich kurz vor der Dynamisierung steht. Machen sie aber nicht. Warum? Ja, warum? Das würde Lauterbach gerne ergründen und eine Studie zur ihm recht unbekannten Berufsgruppe durchführen.
Dazu hat er zwei seiner Fachleute zum DAT geschickt. Die kennen sich mit Apotheken besser aus als er, sollen nun aber die aktuelle Stimmung einfangen. Lauterbachs Eröffnungsrede, äh Grußwort, wird eher mit innerlichem Unwillen von den Zuschauer:innen ertragen, so der Eindruck der BMG-Gesandten. Sie haben sich ebenfalls die Protestkittel angezogen, wirklich aufgefallen sind sie nicht und konnten so alles Wichtige notieren.
„Was schaut der denn immer nach unten?“, tuschelten zwei DAT-Teilnehmer, die vor den BMG-Leuten saßen. Das wird sofort notiert. „Wir müssen ihm noch einmal sagen, dass er bei solchen Terminen nicht ständig nebenbei Candy Crush spielen darf. Das fällt einfach auf“, raunen sich die BMG-Leute zu. Und auch die Zwischenrufe, die Lauterbach per Videoschalte nie erreichen konnten, werden festgehalten. Ach, Apotheken mit PTA und Apotheker per Telepharmazie ist gar nicht das Gleiche wie ein Arzt, der ins Pflegeheim fährt? Muss einem ja auch mal jemand sagen. Wird dem Chef weitergegeben.
Und nicht nur die Stimmungen dem Minister gegenüber werden eingefangen, sondern auch die Stimmungen innerhalb der Apothekerschaft. Lauterbach will besser verstehen, mit wem er da eigentlich verhandelt. Wie groß ist der Rückhalt der Basis gegenüber ihrer Vertretung? Ach, die Vertretung will sich selbst mehr Macht geben? Interessant. Wird notiert. Und auch die anderen Themen der teils kleinteiligen Debatten. Nicht wirklich spannend, aber wieder etwas gelernt, so das Fazit der beiden BMG-Leute am Freitagnachmittag, als sie sich mit den letzten trockenen Brezeln auf den Weg zurück nach Berlin machen.
Und was könnten sie mitnehmen vom DAT? Lauterbach ist nicht beliebt. Das hat er aber immerhin verstanden, beteuerte er doch in seiner Rede sogar, wie wichtig er den Beruf der Apotheker:innen findet und dass es nicht darum geht, diesen abzuschaffen. Und auch das: Man werde „in den nächsten Wochen mit einem Vorschlag“ auf die Apothekerschaft zukommen, so die Hoffnung.
Außerdem wollen die Apotheker:innen mehr Kompetenz, um in Zeiten von Lieferengpässen noch besser helfen zu können, sie streiten über den Kassenabschlag, fordern Honorar für ihre Tätigkeit als Geldeintreiber für die Krankenkassen und wollen „mehr Apotheke wagen“. Ach ja – und nebenbei kommt noch das Machtgezerre der Abda selbst auf den Tisch. Wie gut, dass das BMG wohl doch keine Spitzel auf dem DAT hatte. Vermutlich.
Parallel fahren die Versender weiterhin große Geschütze auf und verunsichern die Kundschaft mit Werbeflyern und Werbeanrufen. Und die Apotheker:innen, die nicht auf dem DAT waren, verwalten weiter den Notstand. Oder bekommen diesen noch von der Öffentlichkeit und den Versendern um die Ohren gehauen. Da möchte man es fast Kevin Kühnert gleichtun und den Genossen und Genossinnen den Rücken kehren – so wie es viele Inhaber:innen planen, sollte die Apothekenreform kommen. Die Stimmung ist miserabel, im Keller. Aber nun erst einmal abwarten, was der neue Vorschlag bringt.
In diesem Sinne – schönes Wochenende!
APOTHEKE ADHOC Debatte