Das Bundeskartellamt hat den Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) in die Schranken gewiesen: Auf Druck der Wettbewerbshüter wurde eine Klausel des Arzneiliefervertrags zu Blutzuckerteststreifen ausgesetzt. Die Apotheker hatten in der Anlage des Vertrags vereinbart, dass die Krankenkassen keine anderen Leistungserbringer bewerben dürften.
Aus Sicht des Verbands sollte die Regelung den Wettbewerb stärken. Das sah das Bundeskartellamt anders. Nachdem die Klausel 2011 beschlossen worden war, wandte sich Behörde 2012 erstmals an den Verband. Der gab eine Stellungnahme ab, danach wurde es zunächst ruhig in der Sache. Jetzt hat das Kartellamt das Verfahren gegen den AVWL abgeschlossen: Der Verband muss demnach auf seine Rechte aus der Vertragsklausel verzichten.
Aus Sicht der Bonner Behörde wurden durch das „Steuerungs- und Beeinflussungsverbot“ die Absatzmöglichkeiten von Wettbewerbern wie Direktversendern oder Sanitätshäusern erschwert. „Die Kassen durften nicht darauf hinweisen, dass es andere Bezugsquellen gibt“, erklärt ein Sprecher des Kartellamtes. Sie mussten insbesondere darauf verzichten, Ärzte und Versicherte zu beeinflussen, Blutzuckerteststreifen bei bestimmten anderen Anbietern direkt zu beziehen, und die Teststreifenversorgung nicht über diabetologische Schwerpunktpraxen an Direktvertreiber auszusteuern.
Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, erklärte: „Es gibt in diesem Bereich keine Rechtfertigung für eine Exklusivität der Apotheken.“ Indem alternative Anbieter eine Chance bekämen, werde der Wettbewerb zu Gunsten der Krankenkassen und der gesetzlich versicherten Patienten belebt. Andere Kassen und Leistungserbringer sollten prüfen, ob sie ähnliche Klauseln in ihren Verträgen vereinbart hätten.
Beim AVWL kann man die Kritik nicht nachvollziehen: „Es gab unterschiedliche Auffassungen darüber, ob der Wettbewerb durch die Verbotsklausel ausgeschlossen oder – das war unsere Auffassung – gerade aufrecht erhalten wird“, so Geschäftsführer Dr. Sebastian Schwintek.
Ziel des Vertrages sei es gewesen, zu verbieten, dass Versicherte so sehr beeinflusst würden, dass sie gar keine andere Wahl gesehen hätten. Außerdem habe es beispielsweise Bestrebungen gegeben, Ärzte in diabetologischen Schwerpunktpraxen durch Boni zu bestimmten Anbietern zu dirigieren. „Durch die Klausel sollte eine unangemessene Einflussnahme verhindert werden. Wir hatten nie die Absicht, andere auszuschließen, sondern allein das Ziel, nicht als Vertragspartner faktisch selbst ausgeschlossen zu werden“, so Schwintek.
Ganz aufgegeben haben die Apotheker noch nicht: „Wir haben uns darauf geeinigt, auf unsere Rechte aus der Klausel zukünftig zu verzichten, streben aber eine Neuregelung an, die unter Berücksichtigung der Bedenken des Kartellamts rechtswidrige Maßnahmen klar ausschließt.“ Dass die Apotheker nun auf die Rechte aus dem Steuerungs- und Beeinflussungsverbot verzichten müssen, sieht Schwintek gelassen: „Die sozial- und wettbewerbsrechtlichen Regelungen, die Apotheken und andere Leistungserbringer vor einer unangemessenen Einflussnahme durch Krankenkassen schützen, bleiben davon unberührt."
APOTHEKE ADHOC Debatte