Machen Apotheker Fehler, sind die Kassen gnadenlos. Aber allzu oft müssen sich die Pharmazeuten aus Pragmatismus in den Graubereich begeben. Ohne Zweifel: Dass Ärzte Rezepte im Nachhinein ausstellen, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dass die pronova BKK gegen diese Praxis vorgeht, ist aber alles andere als im Interesse ihrer Versicherten.
Bei der Herstellung von Sterilrezepturen geht es immer um schwerkranke Patienten. Um diesen Menschen unnötige Wege zu ersparen, wurde beispielsweise das Zuweisungsverbot eingeschränkt. Derselben Logik folgt die Praxis, Herstellungspläne als Auftrag in die Apotheken zu schicken und die Rezepte nachzureichen.
Beispiel Ernährungslösungen: Auf der Grundlage von Infusionsplänen können die Apotheken die individuellen Zubereiten im Voraus herstellen. Das erspart dem Patienten, für jedes Einzelrezept in Arztpraxis und Apotheke zu müssen.
Die Alternative wäre insbesondere für die Krankenkassen von Nachteil: Denn bei einer Dauerverordnungen könnte nicht flexibel auf Änderungen reagiert werden, zum Beispiel bei einer Umstellung der Ernährung oder bei Krankenhausaufenthalten des Patienten.
Bei Chemotherapien müssen die individuellen Blutwerte berücksichtigt werden. Hier wird in der Regel kurzfristig produziert; mitunter wartet der Patient in der Praxis, bis die Apotheke liefert und er behandelt werden kann. Um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen, müsste das Rezept vorab in die Apotheke gebracht oder spätestens bei der Auslieferung übergeben werden – die dann pharmazeutisches Fachpersonal übernehmen müsste.
Aus diesen Gründen haben die Krankenkassen wohl bislang ein Auge zugedrückt. Die Regresse der pronova BKK erinnern an die Formretaxationen von Protaxplus und wirken wie ein Strafzettel für den Autofahrer, der beim Transport eines Verletzten die Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht beachtet.
Womöglich hat sich bei der Kasse noch nie jemand Gedanken über die Bedürfnisse von Krebspatienten gemacht. Wenn Apotheker und Ärzte nicht mehr pragmatisch denken dürfen, leidet darunter vor allem die Versorgung.
APOTHEKE ADHOC Debatte