Botendienst

Bitte bringen Sie Unterhosen und Kirschen mit

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Berlin -

Geht‘s noch?! In der Marien-Apotheke in Linnich traf kürzlich folgende Mail ein: „Wir sind furchtbar erkältet, besteht die Möglichkeit, uns heute noch etwas gegen Halsschmerzen und so zu bringen – am besten Neo Angin.“ Dazu noch Schokolade und Tabak. Und bitte schnell.

PTA Bianca Thomas musste das zwei Mal lesen und war empört. „Zuerst dachten wir, das wäre eine Fake-Mail. Ich habe in 16 Jahren Apotheke echt schon Einiges gesehen, aber das hier schlägt alles.“ Sie postete die Mail bei Facebook und bekam Dutzende Reaktionen. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt sie. Eigentlich wollte sie nur ihrem Ärger ein bisschen Luft machen.

Auch in anderen Apotheken sind dreiste „Bestell“-Wünsche an der Tagesordnung. Von Kirschen bis zur Unterhose, Größe 44/46, weil C&A schließlich auf dem Weg liegt – die Unverschämtheit kennt kaum Grenzen. Die „Umschau“ mal eben nach Malle nachschicken? Warum eigentlich nicht. Man muss nur auf die Idee kommen und eine Apotheke finden, die das zuverlässig ausführt. Ist ja alles nur eine Frage der Logistik.

Fahrradöl zur Arzneimittellieferung, weil der Bote schon irgendwie am Laden vorbeikommen wird? Haben PTA schon alles erlebt. Was für dreiste Kunden eine selbstverständliche Service-Leistung zu sein scheint, löst bei Apothekern und PTA Verärgerung aus. Bianca Thomas: „Ich dachte mir, das musst du teilen, das glaubt dir kein Mensch.“ In der Marien-Apotheke setzte man jedenfalls auf Höflichkeit. Thomas schrieb freundlich zurück, dass Schokolade und Tabak nicht zum Apotheken-Repertoire gehörten und dass Rauchen bei Halsschmerzen kontraproduktiv sei. Geliefert wurde: nichts.

Ihr Trost: „Wir haben zu 85 Prozent Stammkunden, die alle nett und umgänglich sind und niemals solche Mails schreiben würden.“ Sie sagt: „Hätte es sich um eine alte Dame gehandelt, die freundlich gebeten hätte, hätten wir ihr auch Sonderwünsche erfüllt. Wir wären die Letzten, die nicht gerne helfen würden, wenn jemand krank ist.“ Aber bitte nicht auf so eine dreiste Weise. In der Facebook-Konversation schilderten viele Kolleginnen ihre Erlebnisse. „Wir wurden schon mal gefragt, ob wir nicht noch ein bisschen Vogelfutter mitbringen können“, schrieb eine PTA. Gelegentlich offerieren Kunden und weitere „Lieferanten“ gleich eine Logistiklösung: So stand eines Tages eine Verkäuferin aus der Nachbarschaft in einer Offizin und schlug vor, dass der Apothekenbote die Wurst gleich für Herrn XY mitnehmen könne, der würde ja schließlich noch am selben Tag beliefert.

Gehandhabt werden die Kundenwünsche je nach Apotheke verschieden. Die Bestellung nach Fahrradöl in Kombination mit Medikamenten wurde ausgeliefert, die PTA fuhr dafür zähneknirschend 25 Kilometer in den nächstgelegenen Baumarkt. Facebook-Kommentar einer Kollegin: „OMG!“

Die Fernsehzeitung vom Kiosk, wo die Apotheke doch so günstig gleich nebenan ist – man wird ja noch fragen dürfen. Eine PTA sucht nach Erklärungen für das unverschämte Kundenverhalten: „Tja, so was passiert, wenn man die Kunden mit kostenlosen Kalendern, Weihnachts-Giveaways, Proben, Taschentüchern und kostenlosem Botendienst zuschüttet. Die denken, wir leben in Saus und Braus, also wieso können wir denn mal nicht eben kurz zum Netto ums Eck?“

Manchmal sind Kundenwünsche sogar rührend. Eine PTA erinnert sich an den Botengang, bei dem der Kunde sie bat, den Gurkensalat abzuschmecken. „Er hatte keinen Geschmackssinn und erwartete Gäste.“ Freundlich gefragt, mit einem Lächeln geholfen – so sieht Hilfsbereitschaft aus. So nicht: Vogelfutter fordern, weil man selbst zu faul ist, aus dem Haus zu gehen. Facebook-Urteil einer PTA: „Die Leute werden immer stumpfer.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

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