Bis 30. Dezember: Noventi fordert Apothekendaten Patrick Hollstein, 14.12.2022 11:30 Uhr
Mitten in die Hektik des Weihnachtsgeschäfts platzt in dieser Woche ein Schreiben von Noventi: Apotheken werden aufgefordert, bis 30. Dezember Erklärungen nach Geldwäschegesetz (GWG) abzugeben. Ansonsten sei keine Rezeptabrechnung mehr möglich.
Als Abrechnungsdienstleister sei man nach GWG zur regelmäßigen und wiederkehrenden Aktualisierung der relevanten Unterlagen aller Kunden verpflichtet, heißt es in einem von Geschäftsführer Dr. Matthias Leclerc und Vertriebschefin Petra Terhardt unterzeichneten Schreiben, das am Montag per E-Mail an Apotheken ging. Im Rahmen der turnusgemäßen Aktualisierung bitte man um Aktualisierung über ein eigens eingerichtetes Online-Formular. Nur so könne man eine datensichere Zuordnung zur jeweiligen IK-Nummer sicherstellen.
Keine Abrechnung ohne Daten
Die Sache drängt: Laut GWG sei man als Finanzdienstleister verpflichtet, die vertraglich vereinbarten Leistungen bei fehlenden Angaben einzustellen. „Das bedeutet, dass wir die Durchführung Ihrer Abrechnung einstellen müssen und erst bei vollständiger Vorlage Ihrer GwG-Dokumentation wieder an Sie auszahlen dürfen.“ Mit anderen Worten: Wer nicht rechtzeitig die Formulare mit den Angaben ausfüllt, kann keine Rezepte mehr abrechnen.
Ein Noventi-Kunde, der das Schreiben ebenfalls erhalten hat, ärgert sich: Er sei seit über einem Jahrzehnt durchgehend Kunde der VSA/Noventi und frage sich, warum man jetzt so kurzfristig in einer so wichtigen Sache auf ihn zukomme. Bis Weihnachten seien es keine zwei Wochen mehr, bis zum Stichtag noch drei Wochen. Was, wenn er bereits in Urlaub gewesen wäre? Das Anschreiben in der Hektik untergegangen wäre? Oder die E-Mail im Spamfilter gelandet und dadurch nicht bemerkt worden wäre?
„Wenn ich nicht mehr über die VSA abrechnen kann, weil ‚Unterlagen‘ nicht rechtzeitig beschafft werden können, dann steht meine Existenz auf dem Spiel. Hätte die VSA/Noventi nicht schon im Sommer rechtzeitig die GwG-Unterlagen-Aktualisierung anfordern können?“
Wer ist wirtschaftlich berechtigt?
Die Daten selbst stellen keine allzu große Herausforderung dar; neben persönlichen Angaben bis hin zu Staatsangehörigkeit und Ausweisnummer werden Erklärungen dazu gefordert, ob man als wirtschaftlich Berechtigter in eigenem Namen handelt oder eine politisch exponierte Person ist. Bei juristischen Personen müssen außerdem Firmierung und gesetzliche Verteter angegeben werden.
Verunsichert habe ihn aber, dass im Online-Formular eigentlich nur Daten eingegeben und keinerlei Dokumente hochgeladen werden müssen, so der Apotheker weiter. Im Anschreiben sei aber wiederholt von „Unterlagen“ die Rede gewesen, ohne deren Beibringung die Abrechnung ab dem 30. Dezember nicht mehr möglich sei. „Nun stellt sich mir die Frage, ob ich etwas falsch gemacht habe, aber bei der VSA/Noventi kann mir dazu niemand persönlich Auskunft geben.“
Nachfragen nur per E-Mail
Tatsächlich hat Noventi im Anschreiben darum gebeten, ausschließlich das Online-Formular zu nutzen und sich bei Fragen nur per E-Mail unter Angabe der IK-Nummer an die Adresse [email protected] zu wenden. „Nur so können wir Ihr Anliegen an das fachlich zuständige Team weiterleiten.“ Gebetsmühlenartig sei diese Aussage am Telefon wiederholt worden, schildert der Apotheker, der eigentlich nur nachfragen wollte, ob wirklich keine Unterlagen hochzulanden, sondern nur Daten einzupflegen sind.
Auch habe er die Daten – anders als angekündigt – nicht vor Abschluss als Pdf-Datei speichern und damit kontrollieren können. Eine Bestätigung habe er ebenfalls nicht erhalten. All das hinterlässt bei ihm einen unguten Eindruck: „Die Seite des Online-Formulars scheint also auch schlecht und in Eile programmiert zu sein.“ Er fragt sich, ob Noventi nicht selbst unter Druck steht: „Wurde daher jetzt kurz vor Weihnachten ein Schnellschuss produziert?“
Unsicherheit vor Feiertagen
Aus diesem Grund wisse er nicht, ob er den Antrag wirklich zu 100 Prozent korrekt ausgefüllt habe. Zwar hat Noventi angekündigt, dass sich die hinzugezogenen Unternehmensberater von Sinpex und Deloitte im Falle unvollständiger oder fehlender Angaben in den nächsten Tagen melden werden. Aber das ist dem Apotheker zu unkonkret: „Wann erhalte ich eine Rückmeldung? Nächste Woche, also wenige Tage vor Weihnachten? Da werde ich schon in einen zweiwöchigen Weihnachtsurlaub gefahren sein – allerdings mit einem sehr unguten Gefühl, denn vielleicht erwartet mich nach meiner Rückkehr am 2. Januar eine böse Überraschung.“
Auf Nachfrage stellt Leclerc klar: „Es muss niemand unserer Kundinnen und Kunden, die jetzt eine Aktualisierung der GWG-Unterlagen vornehmen mit einem unguten Gefühl in den Weihnachtsurlaub gehen. Natürlich gibt es Übergangs- und Nachbereitungsfristen, sollte tatsächlich etwas unvollständig sein.“