Kreditnehmer können bei ihrer Bank unberechtigte Gebühren aus Darlehensverträgen zurückfordern, selbst wenn diese vor mehr als drei Jahren geschlossen wurden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Dienstag in zwei Verfahren entschieden, dass aufgrund der zweifelhaften Rechtslage die sogenannte kenntnisabhängige Verjährung von drei Jahren erst Ende 2011 beginnt. Über die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren können sogar noch Verträge aus dem Jahr 2004 angegriffen werden.
In beiden Fällen hatten die beklagten Banken im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen formularmäßig Bearbeitungsgebühren berechnet. Geklagt haben Kunden der Bank Santander und CreditPlus.
Der BGH hatte bereits im Mai in einem Grundsatzurteil entschieden, dass entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unwirksam sind. Geklärt werden musste noch die Frage der Verjährung der Ansprüche.
In einem Fall hatte der Kläger zwischen 2006 und 2011 drei Darlehensverträge über insgesamt knapp 80.000 Euro geschlossen und dafür mehr als 2000 Euro Gebühren an die Bank gezahlt. Als der Kunde diese Gebühren zurückforderte, berief sich die Bank auf die Verjährung und zahlte nur einen Teilbetrag für die jüngeren Darlehensverträge. Im Dezember 2012 reichte der Kunde Klage beim Amtsgericht Mönchengladbach ein. Das Gericht lehnte die Forderung im März 2013 zunächst ab, ebenso das Landgericht Mönchengladbach im September 2013.
In dem zweiten Verfahren hatte der Kläger im Februar 2008 einen Darlehensvertrag über 18.500 Euro abgeschlossen. Die Bank berechnete eine Bearbeitungsgebühr von 555 Euro. Der Kunde klagte und bekam in beiden Vorinstanzen Recht.
Einig waren sich die Gerichte der Vorinstanzen darin, dass die in den AGB der Banken begründeten Gebühren zu Unrecht kassiert wurden. Nur in einem Fall wurde eine Verjährung der Ansprüche begründet.
Der BGH hat nun entscheiden, dass die Rückzahlungsansprüche beider Kläger nicht verjährt sind. Die Frist beträgt laut Gesetz grundsätzlich drei Jahre. Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger davon Kenntnis erlangen musste ohne grob fahrlässig die Augen davor zu verschließen.
Zwar schütze es einen Verbraucher laut BGH nicht, wenn er aus ihm bekannten Tatsachen die falschen rechtlichen Schlüsse zieht, es gebe aber Ausnahmen: Rechtsunkenntnis des Gläubigers könne den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine „unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt“, die selbst für Experten nicht eindeutig sei, so der BGH. Trotzdem gegen die Bank vor Gericht zu ziehen, sei einem Verbraucher in dieser Situation nicht zuzumuten.
Dies gilt den Richtern zufolge erst recht, wenn es eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung gibt: Der BGH hatte früher Bearbeitungsgebühren in „banküblicher Höhe“ von zuletzt bis zu 2 Prozent akzeptiert. Erst im Laufe des Jahres 2011 habe sich eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet, das solche Gebühren in AGB unzulässig seien, so die Karlsruher Richter. Zumindest Rechtsanwälte hätten seither davon ausgehen können, dass sich ein Verfahren gegen die Bank lohnt. Die kenntnisabhängige Verjährung beginnt demnach erst mit Ende des Jahres 2011.
Damit sind laut BGH „derzeit nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 oder im Jahr 2004 vor mehr als zehn Jahren entstanden sind“. Anders als bei der kenntnisabhängigen Verjährung, bei der in ganzen Kalenderjahren gerechnet wird, gilt die absolute Verjährung zehn Jahre auf den Tag genau. Die Verjährung ist unterbrochen, sobald sich der Kreditnehmer gegen die Gebühren zur Wehr setzt.
Der BGH hat in zwei Einzelfällen zu den Banken Santander und CreditPlus entschieden. Das Urteil dürfte aber darüber hinaus Wirkung entfalten: Gebühren bei Darlehensverträgen sind keine Besonderheit der betroffenen Bankhäuser.
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