Skonto auf rezeptpflichtige Medikamente sind unzulässig, sofern dadurch der Fixzuschlag des Großhandels reduziert wird. So stehe es ganz klar im Gesetz – und dass Apotheken auf Rabatte angewiesen seien, ist laut Bundesgerichtshof (BGH) kein tragfähiges Argument. Dies geht aus der Begründung zur Entscheidung vom 8. Februar hervor.
Laut BGH gilt die Preisbindung für alle Lieferanten von Rx-Medikamenten gleichermaßen – also Großhändler genauso wie Hersteller oder Reimporteure. Der von der Wettbewerbszentrale verklagte Parallelhändler Haemato übe bei der Lieferung an Apotheken eine „Tätigkeit des Großhandels“ aus, das heißt „eine Tätigkeit, die berufs- oder gewerbsmäßig zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübt wird und die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht“. Damit seien nach § 78 Abs. 1 Satz 3 Arzneimittelgesetz (AMG) die Preisvorschriften für den Großhandel zu beachten.
Mit Recht hat das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) außerdem angenommen, dass die Preisberechnung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) „die Verpflichtung normiert, einen Mindestpreis zu beanspruchen, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, dem Festzuschlag von 70 Cent [mittlerweile 73 Cent, Anmerkung der Redaktion] und der Umsatzsteuer entspricht, und dass die Gewährung von Skonti, die zu einer Unterschreitung dieses Mindestpreises führen, unzulässig ist“.
Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut, nachdem „höchstens ein Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro, zuzüglich eines Festzuschlags von 70 Cent [mittlerweile 73 Cent, Anmerkung der Redaktion] sowie die Umsatzsteuer“ zu erheben ist. Damit werde der Zuschlag zwar insgesamt „in das Ermessen des Großhandels gestellt und kein Fest- oder Mindestpreis, sondern ein Höchstpreis festgelegt“, so der BGH.
Allerdings sei das Fixum ganz klar verankert: „Die Formulierung im Imperativ (‚sind … zu erheben‘) verdeutlicht, dass der Großhandel einen Mindestpreis einzuhalten hat, der aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und einem festen Zuschlag von 70 Cent beziehungsweise 73 Cent zuzüglich Umsatzsteuer besteht“, so der BGH. „Der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, der Festzuschlag und die Umsatzsteuer sind demgegenüber zwingend zu erheben.“
„Aus der Systematik der Regelungen des Arzneimittelgesetzes und der Arzneimittelpreisverordnung ergibt sich ebenfalls, dass der Großhandel nunmehr bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zwingend einen Mindestpreis zu beanspruchen hat, der der Summe aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, dem Festzuschlag von 70 Cent beziehungsweise 73 Cent und der Umsatzsteuer entspricht, und dass Skonti oder sonstige Preisnachlässe, die zur Unterschreitung des sich hieraus ergebenden Betrags führen, unzulässig sind.“
Da der Verordnungsgeber die Gewährung von Preisnachlässen nicht ausdrücklich zugelassen habe, gebe es keinen preislichen Spielraum – entsprechend seien auch Skonti danach unzulässig. Vielmehr sei § 2 AMPreisV mit Wirkung ab dem 11. Mai 2019 gerade deswegen geändert worden, weil dem Großhandel nach der ersten Entscheidung des BGH noch erlaubt gewesen wäre, auf den Festzuschlag von 70 Cent zu verzichten.
Mit dem Festzuschlag solle die angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken gesichert werden. „Da dieser Auftrag von Arzneimittelgroßhandlungen unabhängig vom Preis eines Arzneimittels zu erfüllen ist, soll der Großhandel im Gegenzug eine Vergütung erhalten, die ausreichend ist, eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken zu gewährleisten. Nach der Vorstellung des Normgebers kann nur dadurch, dass der Großhandel den Festzuschlag [...] zwingend aufschlagen muss, das mit dem Festzuschlag bezweckte Ziel erreicht werden.“
Dieses Ziel würde verfehlt, wenn der Festzuschlag zwar erhoben werden müsse, dann aber durch Skonti wieder unterschritten werde könne.
Das Argument, die Apotheken seien auf die Skonti angewiesen, um eine flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung sicherzustellen, lässt der BGH nicht gelten: „Die angemessene Vergütung der Apotheken wird nicht durch die Gewährung verbotener Rabatte auf die Großhandelspreise, sondern durch die in § 3 AMPreisV vorgesehenen Apothekenzuschläge gesichert, die – sollten sie hierfür nicht ausreichen – bei Bedarf vom Verordnungsgeber angehoben werden können.“
Dass die Lieferanten den Apotheken üblicherweise Zahlungsziele gewährten und bei vorfristigen Zahlungen Skonti einräumten, ist laut BGH unerheblich. „Diese Praxis steht mit § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV in der seit dem 11. Mai 2019 geltenden Fassung nicht (mehr) in Einklang. Ein unlauteres Verhalten wird nicht dadurch zulässig, dass es in der Branche üblich ist.“
Es bedürfe in diesem Zusammenhang auch keiner Prüfung, ob es sich um „echte“ Skonti handele, mit denen eine vertraglich nicht geschuldete Zahlung durch den Käufer vor Fälligkeit abgegolten werde, oder ob es sich um „unechte“ Skonti handele, die lediglich die pünktliche Zahlung durch den Käufer honorierten. Denn mit der Festlegung eines Mindest- und eines Höchstpreises solle jedenfalls eine Preisbindung gewährleistet werden. „Die Gewährung von (echten oder unechten) Skonti, die dazu führen, dass tatsächlich Preise außerhalb des festgelegten Preisrahmens gezahlt werden, ist hiermit nicht vereinbar. Die Festsetzung von Preisspannen liefe leer, wenn sie durch Rabatte und Skonti unterlaufen werden könnte.“
Die Preisbindung als Eingriff in die Berufsfreiheit sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. „Berufsausübungsregelungen dürfen vom Gesetzgeber getroffen werden, wenn sie durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und die durch sie bewirkte Beschränkung den Betroffenen zumutbar ist.“ Es sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den ihm eingeräumten Spielraum überschritten hätte.
Und auch wettbewerbsrechtlich seien Verstöße gegen die Preisbindung relevant. Schon das OLG habe angenommen, dass selbst relativ geringfügige Nachlässe geeignet seien, Einfluss auf das Kundenverhalten zu nehmen, da die Preisbindung einen Wettbewerb über den Preis grundsätzlich ausschließe. Dies gelte insbesondere dann, wenn vorwiegend hochpreisige Arzneimittel abgegeben würden.
„Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand“, so der BGH: „Da die Regelungen in § 78 AMG und § 2 AMPreisV dazu bestimmt sind, den (Preis-)Wettbewerb unter den Pharmagroßhändlern zu regeln, dürfen sie nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein dagegen erfolgter Verstoß als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen wird.“
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