Vorlage beim EuGH

BGH zu DocMorris-Boni: Rx-Rabatt ja, Rx-Gutschein nein

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Berlin -

Mit seiner Vorlage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) will der Bundesgerichtshof (BGH) keineswegs die deutsche Rx-Preisbindung zurück. Vielmehr geht es den Richtern in Karlsruhe darum, eine Grenze zwischen Preiswettbewerb und Preisreklame zu ziehen. Dies geht aus dem Beschluss vom 13. Juli vor, der jetzt veröffentlicht wurde.

Rabatt ja, Gutschein nein. Auf diese einfache Formel lässt sich die Sichtweise des BGH bringen. Denn in dem Verfahren, in dem es eigentlich um Schadenersatzforderungen von DocMorris gegen die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) geht, muss den Karlsruher Richtern zufolge nicht noch einmal über die Rx-Preisbindung gesprochen werden. Egal, ob sie wie früher im § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) oder heute in § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V) verankert ist: Laut BGH wurde der Festpreis, was ausländische Versender angeht, durch das EuGH-Urteil ein für allemal für unzulässig erklärt.

Kein Comeback der Preisbindung

Eine Berücksichtigung zu Lasten von DocMorris komme daher nicht in Betracht. Für eine erneute Vorlage an den EuGH zur Klärung der Frage, „ob die [...] Arzneimittelpreisbindung erforderlich ist, um die gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sicherzustellen und das finanzielle Gleichgewicht des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung abzusichern, besteht kein Anlass.“

Ein im Jahr 2018 vom Oberlandesgericht München in einem ähnlichen Verfahren an die Bundesregierung gerichtetes Auskunftsersuchen sei bisher unbeantwortet geblieben, geben die Richter preis. Die AKNR habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein weiteres Auskunftsersuchen erfolgversprechend wäre. „Eine weitere Aufhellung der der mittlerweile außer Kraft getretenen Regelung in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zugrundeliegenden wirtschaftlichen, statistischen und gesundheitspolitischen Datenlage ist nicht zu erwarten.“

Worum es den Richtern aber geht, ist § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Demnach ist es verboten, „Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren [...]“. Ausgenommen sind unter anderem:

  • geringwertige Kleinigkeiten
  • Zuwendungen oder Werbegaben in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag

Die erste Ausnahme gilt für von DocMorris angebotenen Boni nicht, da sie allesamt über der höchstrichterlich festgesetzten Grenze von 1 Euro lagen.

Unsachgemäße Beeinflussung

Dagegen kommt laut BGH die zweite Ausnahme in Betracht – zumindest wenn es sich um Barnachlässe handelt, die direkt beim Einkauf vom Preis abgezogen werden. Gutscheine, die später eingelöst werden können, zählen laut BGH eher nicht dazu, da sie viel eher zu einer unsachgemäßen Beeinflussung führen könnten: Während der Preis im Wettbewerb ein übliches Kriterium für Verbraucher sei und das ohnehin gewünschte oder benötigte Medikament durch den Abzug nur günstiger werde, bestehe bei der Aussicht auf eine Prämie die Gefahr, dass sich Verbraucher ein gar nicht benötigtes Medikament verschreiben ließen, so die Logik. Ähnlich müsse man es wohl bei Gutschriften sehen, die bei einem späteren Kauf eingelöst werden können. Hier habe man sich aber noch nicht festgelegt.

Und weil der EuGH zuletzt selbst in Sachen Arzneimittelwerbung deutlich strenger geworden ist, soll er nun auch in diesem Fall entscheiden. Laut BGH geht es um die grundsätzliche Frage, ob die Vorschriften nach § 7 HWG nicht ohnehin schon unter die in Artikel 87 EU-Richtlinie 2001/83 geregelte Vorgabe fallen, dass Arzneimittelwerbung „einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels“ fördert, indem sie „seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt und nicht irreführend ist“. Und sollte das so sein, sei eben zu klären, ob nur Gutschriften/Gutscheine oder eben auch Barrabatte verboten seien.

Kein konkretes Arzneimittel

Offen ist die Frage, weil es im Unterschied zu klassischer Pharmawerbung bei DocMorris nicht um einzelne Medikamente, sondern das gesamte Rx-Sortiment geht. Aus diesem Grund hält der BGH die Rx-Boni auch nicht schon für unzulässig nach Artikel 88 der Richtlinie, derzufolge jegliche Werbung für Rx-Medikamente generell untersagt ist. Die Aktionen hätten den Zweck, „dass sich ein Patient beim Bezug eines ihm bereits verschriebenen Arzneimittels für eine bestimmte Apotheke entscheidet“. Und weiter: „Preiswerbung beim Vertrieb verschreibungspflichtiger Arzneimittel ist Bestandteil des Wettbewerbs und wird nicht [...] erfasst.“

Dass Gewinnspiele verboten, Preisschlachten aber erlaubt sind, steht laut BGH in keinem Widerspruch. Auch die Warenverkehrsfreiheit werde nicht berührt, da die Vorgaben unterschiedslos für alle Apotheken gelten, die in Deutschland Arzneimittel verkaufen.

Und die 18 Millionen Euro schwere Klage gegen die AKNR? Zumindest die wackelt. Denn von den fünf seinerzeit erfolgreich angegriffenen Verfahren wären – nach der BGH-Lesart – drei auch unter Berücksichtigung des EuGH-Urteils gegen DocMorris ausgegangen: Weder Prämie für Arzneimittelcheck noch Hotel-Gutschein, Adac-Mitgliedschaft oder 10-Euro-Gutschrift ließen sich als Barrabatt einstufen. Und Schadenersatz für ungerechtfertigt erwirkte einstweilige Verfügungen gibt es nur, wenn nicht noch andere Verbote gegriffen hätten.

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