„Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform.“ Mit dieser Klausel enden viele Verträge im geschäftlichen Verkehr. Bei Mietverträgen sollten Apotheker besonders sorgfältig darauf achten, dass alle Abänderungen schriftlich festgehalten und von beiden Seiten unterzeichnet werden. Eine bloße Korrespondenz reicht als Nachweis im Zweifelsfall nicht aus. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Im Jahr 2005 hatte ein Apotheker mit einem Insolvenzverwalter einen Mietvertrag über zehn Jahre geschlossen, mit der Option auf Verlängerung um zweimal fünf Jahre. In der Folge kam es zu mehreren Änderungen, insbesondere wurde die Grundlaufzeit auf sechs Jahre verkürzt mit der Möglichkeit zur Verlängerung über dreimal fünf Jahre. Diese Vereinbarungen, die insgesamt dem Mieter zugute kamen, wurden allerdings nie in einem Nachtrag festgehalten, sondern nur schriftlich vom Insolvenzverwalter bestätigt.
2008 wechselte die Immobilie den Besitzer, der neue Eigentümer kündigte dem Apotheker ordentlich zum Jahresende. Zur Begründung verwies er auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB): Demnach bedürfen Mietverträge der Schriftform, ansonsten wird davon ausgegangen, dass sie für unbestimmte Zeit gelten und damit innerhalb der gesetzlichen Fristen gekündigt werden können.
Dass es der Fall überhaupt bis vor den BGH geschafft hat, hängt mit einer Schriftformheilungsklausel im ursprünglichen Mietvertrag zusammen. Demnach wurden beide Parteien verpflichtet, im Fall von Nachtrags-, Änderungs- und Ergänzungsverträgen „der gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun“ – und den Mietvertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform vorzeitig zu kündigen.
In Karlsruhe ging es um die Frage, ob der neue Eigentümer als Rechtsnachfolger an diese Klausel gebunden war. Nein, entschieden die Richter. Ansonsten sei nämlich für einen neuen Besitzer überhaupt nicht abzusehen, welche Vereinbarungen jenseits des Mietvertrags bestünden und welchen Verpflichtungen er sich mit dem Kauf unterwerfen müsse.
Ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem vorherigen Eigentümer reicht aus Sicht des BGH nicht aus, um die Interessen des neue Eigentümers wirksam zu schützen. Einerseits bestehe – wie im vorliegenden Fall – immer das Risiko der Insolvenz. Andererseits solle der Käufer in die Lage versetzt werden, die ihm bislang unbekannten Rechte und Pflichten auch tatsächlich beenden zu können.
Allerdings sollten Immobilienkäufer hellhörig werden, wenn ihnen solche Schriftformheilungsklauseln begegnen. Dann nämlich könnte es ihnen zuzumuten sein, sich nach den tatsächlich bestehenden Vereinbarungen zu erkundigen.
Im konkreten Fall kannte der neue Eigentümer sogar ein Schreiben des Insolvenzverwalters, in dem dem Apotheker die Vertragsverlängerung bestätigt wurde. Doch der Pharmazeut hatte den Besitzerwechsel zum Anlass genommen, um eine schriftliche Vereinbarung über die neue Vertragslaufzeit von einer Mietreduktion um 3 Euro pro Quadratmeter abhängig zu machen.
„Bei dieser Sachlage brauchte die Klägerin nicht davon auszugehen, sie werde im Einvernehmen mit dem Beklagten ohne weitere Zugeständnisse ihrerseits eine Bereinigung der Situation erreichen können“, heißt es im Urteil.
Dann ging es noch um die Frage, ob der Apotheker, der nach eigenen Angaben 400.000 Euro in die Einrichtung investiert hatte, durch die Kündigung in seiner Existenz bedroht wurde. Der BGH interessierte sich aber gar nicht mehr für die Frage, wie hoch die Verluste tatsächlich waren: Der Apotheker betreibe eine zweite Apotheke und habe keine Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht.
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