Apotheken können laut einem aktuellen Urteil Schmähkritik beim Bewertungsportal Jameda löschen lassen, wenn diese nicht bewiesen sind. Bei der Spitzweg-Apotheke in Augsburg und der Beethoven-Apotheke in Erfurt gibt es dazu keinen Anlass: Beide Apotheken wurden häufig bewertet – und mit Top-Noten und Lobeshymnen bedacht.
Dr. Michael Günther hat die Spitzweg-Apotheke 2012 übernommen. „Damals war es keine herausragende Apotheke, auch wirtschaftlich nicht“, sagt er. Doch im Standort sah Günther Potenzial. Er verdreifachte sukzessive den Wert des Warenlagers und verdoppelte das Personal. Inzwischen leitet er ein elfköpfiges Team, darunter drei Approbierte.
Vor einiger Zeit hat er zufällig festgestellt, dass seine Apotheke bei Jameda Bewertungen hatte – noch dazu sehr gute. „Dass wir dort überhaupt Kritiken bekommen haben, hat mich schon erstaunt“, sagt Günther. Er legte auf der Plattform für seine Apotheke ein Profil an, in dem er Schwerpunkte und Leistungsspektrum beschrieben hat.
„Eine Zeitlang hatten wir dann auch einen Aufsteller, der Kunden auf die Möglichkeit hingewiesen hat, uns online zu bewerten“, berichtet er. Inzwischen sei der Hinweis längst wieder weg. „Trotzdem kamen auch danach weitere Bewertungen von Kunden.“ Insgesamt hat die Spitzweg-Apotheke 36 Kritiken und eine Durchschnittsnote von 1,1. Abzüge gab es lediglich für die schwierige Parksituation.
Günther vermutet, dass die Spezialisierung seiner Apotheke ein Grund für die vielen sehr positiven Bewertungen ist. „Wir sind auf die Themen Mutter-Kind, Homöopathie und Naturheilkunde fokussiert“, sagt er. „Nur hier und nirgends anders! Auch für Mütter und Schwangere sehr zu empfehlen“, heißt es in einer Kritik. Günther beschäftigt eine Heilpraktikerin im Team. Zudem hält er zu den Schwerpunkten Workshops für Patienten.
Als weiteres Alleinstellungsmerkmal bietet die Apotheke eine Stoffwechsel-Analyse an, die ebenfalls in den Onlinebewertungen positiv hervorgehoben wird. „Ein toller Gesundheitscheck, bei dem ich verstanden habe, was im Körper passiert“, schreibt ein Jameda-Nutzer. Das Cell Regulation Screening misst mit Licht das Verhältnis der Stoffwechselprodukte in der Zellflüssigkeit der Haut. Auf Basis des Analyseergebnisses gibt Günther Tipps zur Ernährung. „Inzwischen tragen einige Betriebe in der Umgebung die Kosten für diese Messung“, sagt Günther.
Die Jameda-Nutzer loben darüber hinaus, wie nett die Apothekenmitarbeiter seien. „Freundlichkeit und Service – besser geht es nicht“, so eine Bewertung. Bei der Personalauswahl achte er tatsächlich auf ein freundliches Auftreten, sagt Günther. „Aber entscheidend ist ein angenehmes Arbeitsklima, dann kommt die gute Laune bei den Mitarbeitern von selbst.“ Service stehe im Vordergrund: „Bei Teambesprechungen sage ich: Der Kunde soll nicht nur zufrieden, sondern jedes Mal begeistert sein.“
Die Beethoven-Apotheke in Erfurt kommt mit einer Durchschnittsnote von 1,0 sogar noch besser weg. 14 Bewertungen verzeichnet die Apotheke von Susanne Wagner-Schröer auf Jameda. „Das Team legt schon jahrelang großen Wert auf eine intensive Beratung“, sagt Norbert Schröer, der die Apotheke seiner Frau betriebswirtschaftlich leitet. Auch bei Jameda schreibt ein Nutzer: „Freundlichkeit, gepaart mit großer Sachkompetenz schafft nicht nur ein Vertrauensverhältnis, es fordert förmlich dazu auf : ....und fragen Sie Ihre Apothekerin.“
Vor gut 20 Jahren hat Wagner-Schröer die Apotheke im Regierungsviertel der Landeshauptstadt neu gegründet. Ihr wurde versprochen, dass auch mehrere Ärzte in den Neubau ziehen würden. Doch anfangs gab es Schwierigkeiten: „Der Hausbesitzer verlangte zu hohe Mieten, kein Arzt kam“, erinnert sich Schröer. Erst als ein neuer Eigentümer die Mieten anpasste, eröffneten erste Praxen.
Nach dem holprigen Start habe die Beethoven-Apotheke nach und nach einen Kundenstamm aufgebaut, sagt Schröer. Inzwischen schätzt er den Stammkundenanteil auf 80 Prozent. Auch Politiker aus den nahe gelegenen Landesministerien kämen in die Offizin. Kunden aus der Erfurter Innenstadt nähmen einen Umweg auf sich, um in der Beethoven-Apotheke ihre Rezepturen anfertigen zu lassen, berichtet Schröer. „Außerdem sind wir auch im Hochpreissegment gut aufgestellt – und die Kunden sind sehr glücklich, wenn sie ihr Medikament gleich mitnehmen können.“
Zum Team gehören elf Mitarbeiter, neben Wagner-Schröer noch eine weitere Approbierte sowie drei Pharmazieingenieurinnen. Die Apotheke ist auf Homöopathie und Naturheilkunde spezialisiert. Zu diesen Schwerpunkten bietet sie ihren Kunden etwa einmal pro Monat einen Vortrag an. „Meine Frau hält einen Großteil der Vorträge. Bei externen Rednern achten wir darauf, unabhängige Experten einzuladen und nicht Referenten aus der Industrie“, sagt Schröer. Zwischen 20 und 70 Besucher kämen zu den Veranstaltungen.
Jameda ist eine Plattform, auf der in erster Linie Ärzte bewertet werden. Somit sind die Bewertungsanzahlen bei den Medizinern deutlich höher: Bei den Allgemeinärzten führt Dr. Udo Theis aus Witten mit fast 550 Bewertungen – und einer Durchschnittsnote von 1,1.
Insgesamt werden Apotheken weniger bewretet: Nicht einmal alle der zehn meist bewerteten Apotheken haben bei Jameda mehr als 20 Rezensionen. Nur 32 Apotheken haben zehn oder mehr Bewertungen. Dafür gibt es etliche mit nur einer Benotung – dann meist eine 1,0. Bei schlechten Kritiken werden die Jameda-Nutzer regelmäßig sehr persönlich bis beleidigend.
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