Apotheken müssen ihre Software nicht zwangsläufig nachrüsten, um dem Fiskus jeden Wunsch zu erfüllen. Das hat das Finanzgericht Münster (FG) entschieden und den Datenanspruch eine Betriebsprüfers zurückgewiesen. Der Zugriff ließ sich laut Urteil auch nicht mit der Manipulationsanfälligkeit eines EDV-Systems begründen, da kein Verdacht auf Steuerhinterziehung bestand.
Der Apotheker hatte dem Betriebsprüfer sämtliche angeforderten Daten in schriftlicher Form vorgelegt und die Zugangsdaten zur Warenwirtschaft überlassen. Was der Prüfer nicht hatte, war eine Excel-Tabelle. Er verlangte die Daten in aufbereiteter elektronischer Form, was der Apotheker ablehnte.
Es folgte ein Bescheid des Finanzamtes im April 2013, mit dem die Datei offiziell eingefordert wurde. Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung sowie die Prüfung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Betriebseinnahmen seien Prüfungsschwerpunkte, da die Apotheke im Wesentlichen Bargeschäfte tätigte, hieß es zur Begründung.
Der Apotheker widersprach dem Bescheid. Die geforderten Dateien würden in seinem System so nicht geführt. Sofern es dem Prüfer nicht möglich sei, die Daten in eine Excel-Version zu transferieren, liege dies nicht an seiner fehlenden Mitwirkung. Er selbst habe kein entsprechendes Modul, um die Datei zu exportieren.
Der Einspruch wurde im August zurückgewiesen. Mit Verweis auf das Urteil des Finanzgerichts Sachsen-Anhalt bestand das Finanzamt auf die Herausgabe der Daten in der geforderten Form. Aufgrund der technischen Entwicklung seien früher zugestandene Erleichterungen bei der Aufzeichnungspflicht heute nicht mehr gegeben. Da die Daten vorhanden seien, könnten sie auch angefordert werden, so das Finanzamt.
Der Fiskus verwies auf die Abgabenordnung (AO). Demnach dürften die Finanzbehörden bei Betriebsprüfungen verlangen, dass die Daten nach ihren Vorgaben maschinell ausgewertet würden. Alternativ könnten sie auf entsprechend verwertbaren Datenträgern zur Verfügung gestellt werden. Der Apotheker hätte seien EDV also entsprechend nachrüsten müssen.
Der Apotheker zog vor Gericht. Er verwies auf ein Urteil des Hessischen FG, wonach ein Datenzugriffsrecht auf freiwillig geführte Unterlagen eben nicht bestehe. Das Finanzamt könne ihn auch nicht dazu verpflichten, sich aufwändige Module zur Aufbereitung der Daten zu kaufen. Der Prüfer habe alle Daten manuell auswerten können, etwaige Mängel in der Buchführung seien dabei nicht festgestellt worden.
Das Finanzgericht hat nicht in der grundsätzlichen Frage entschieden, ob die Anforderung der Daten grundsätzlich rechtens ist oder nicht. Geklärt wurde nur, ob das Finanzamt eine Datenträgerüberlassung anordnen durfte, wenn mildere Mittel zur Verfügung standen. Konkret verweist das Gericht auf den sogenannten „Nur-Lese-Zugriff“ oder den „mittelbaren Zugriff“.
Laut Urteil hat sich das Finanzamt aber nicht im Ansatz damit auseinandergesetzt, dass der Apotheker dem Betriebsprüfer sämtliche Unterlagen schriftlich vorgelegt, ihm Zugang zur EDV ermöglicht und einen Ansprechpartner beim Softwarehaus genannt hat. Die Forderungen des Fiskus müssten aber immer verhältnismäßig sein.
Warum dieser Zugriff für eine Prüfung nicht ausreiche, hätte das Finanzamt laut Urteil abwägen müssen. Die Anschaffung eines Zusatzmoduls zur Auswertung der Daten zu fordern, war demnach nicht angemessen. Zumindest hätte der Fiskus die tatsächlich entstehenden Kosten für das Modul ermitteln müssen. So war der Bescheid jedoch ermessensfehlerhaft – mithin das Vorgehen des Fiskus rechtswidrig. Der Apotheker sei in seinen Rechten verletzt worden, heißt es im Urteil.
Spannend ist auch ein anderer Aspekt des Urteils. Das Finanzamt hatte seinen Anspruch mit Erfahrungen aus anderen Prüfungen begründet. Demnach ließen Warenwirtschaftssysteme wie das in diesem Fall verwendete Änderungen von Daten ohne Protokollierung zu und seien damit „potenziell manipulationsanfällig“.
Das reichte dem Gericht nicht aus: Soweit das Finanzamt auf die Manipulationsmöglichkeiten hinweise, werde dies lediglich behauptet, heißt es im Urteil. Selbst wenn die EDV solche Manipulationen zuließe, habe das Finanzamt keine Anhaltspunkte genannt, dass der Apotheker davon Gebrauch gemacht habe.
Das FG hat keine Revision zum Bundsfinanzhof (BFH) zugelassen. Die Rechtssache sei nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Es handele sich um eine Einzelfallentscheidung, da allein die Ermessensentscheidung des Finanzamtes aufgehoben worden sei.
Nach der Entscheidung in Münster, die bereits am 7. November fiel, hat sich der BFH in drei anderen Verfahren mit der Frage des Datenzugriffs befasst. Demnach müssen Apotheken alle Einzeldaten aus der Warenwirtschaft preisgeben, entschied der BFH kurz vor Weihnachten. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
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