„Wir wollen Praktikanten nicht als billige Arbeitskraft“ APOTHEKE ADHOC, 25.02.2019 09:09 Uhr
Der Bundesverband der Pharmaziestudierenden (BPhD) hat die drei besten öffentlichen Ausbildungsapotheken des vergangenen Jahres gekürt. Die Adler-Apotheke im baden-württembergischen Ellwangen ist eine von ihnen. Inhaber Dr. Richard Krombholz sieht in einer strukturierten Ausbildung nicht nur einen respektvollen Umgang mit dem Nachwuchs, sondern auch ein nachvollziehbares Eigeninteresse.
Die frohe Kunde erhielt Krombholz am Mittwoch ohne Vorankündigung per Post. „Wir sind davon auch sehr überrascht worden. Als ich den Brief vom BPhD gesehen habe, dachte ich erst, die wollen Spenden“, sagt er und lacht. „Meine erste Reaktion war dann, dass ich die Urkunde eingescannt und auf meinem privaten Facebook-Account gepostet habe. Das war aber eher aus dem Stolz heraus.“
Wie genau die Ehrung zustande kam, weiß er selbst noch nicht. „Wahrscheinlich haben unsere Praktikanten da ohne unser Wissen Bewertungsbögen ausgefüllt“, mutmaßt er. Das haben sie tatsächlich. „Wenn ein angehender Pharmazeut sein PJ gemacht hat, kann er dazu einen Bericht bei uns einreichen“, erklärt BPhD-Präsident Max Willie Georgi. Dafür gebe es Vorgabebögen, in denen unterschiedliche Kriterien abgefragt werden, von der Umsetzung des BAK-Ausbildungsleitfadens über die Betreuung durch Ansprechpartner bis hin zum Klima in der Belegschaft.
Aus den Einsendungen mit den besten Bewertungen wird dann eine Auswahl getroffen. Die Bögen werden anonymisiert und vom Vorstand gesichtet. „Vor zwei Wochen dann haben wir im Vorstandstreffen die Bögen besprochen und die Gewinner gekürt“, erklärt Georgi. Dazu vergaben sieben der 14 BPhD-Vorstandsmitglieder Punkte in verschiedenen Kategorien. „Durch den Punktescore kann jeder nochmal eine eigene Gewichtung in die Bewertung einbringen“, erklärt Georgi.
In zwei Kategorien – öffentliche und Krankenhausapotheke – wurden aus je zehn Finalisten jeweils drei Gewinner gekürt. Die sollen im Mai bei der Verbandstagung und beim ABDA-Kongress bekanntgegeben werden. Um welche Apotheken es sich handelt, will Georgi deshalb noch nicht verraten. Nur so viel: „Der zweite und dritte Gewinner bei den öffentlichen Apotheken liegen in Stuttgart und Hannover.“ Naturgemäß waren alle Apotheken in der Endrunde hervorragend. „Es war ein enges Rennen“, so Georgi. „Ich habe das jetzt schon zum dritten mal mitgemacht und muss sagen, es ist immer wieder schön zu sehen, wie begeistert viele PJler von der Ausbildung sind und wie viel Mühe sich die Apotheken geben.“
Dass er sich große Mühe gibt, kann Krombholz ohne Zögern bestätigen. So bietet er seinen Famulanten und Pharmazeuten im Praktikum wöchentlich Unterricht zu verschiedenen Themen, geht es um Rechtsfragen übernimmt der Inhaber den auch regelmäßig selbst. „Man muss Struktur in die Ausbildung bringen“, sagt er. „Außerdem haben wir den Luxus, dass wir eine junge Kollegin als Ausbildungsbeauftragte haben. Eine gute Ausbildung muss man sich leisten können.“ Auch darüber hinaus lege er großen Wert darauf, dass alle seine Angestellten immer gut informiert sind und Fragen der Praktikanten stets beantworten können.
Seinen Praktikanten etwas zu bieten, ist für Krombholz beides, Philosophie und praktische Erwägung. „Wir wollen Praktikanten nicht als billige Arbeitskraft“, betont er, „sondern vom ersten Tag an als Kollegen.“ Dafür müssen man auch stets ein offenes Ohr für ihre Belange haben. Schlechte Beispiele gebe es zur Genüge. So habe seine Tochter, die ebenfalls Pharmazie studiert hat, ihr Praktikum in einer Bonner Apotheke absolviert. „Da musste sie in der Fußgängerzone Flyer verteilen. Das würde bei mir niemals vorkommen.“
Doch auch aus rein praktischen Erwägungen, will er ein Vorbild sein. „Wir hier auf dem Land kriegen nicht so einfach Praktikanten, das sind meistens lokale Gewächse.“ Meist nur einen Praktikanten für sechs Monate habe er im Jahr. „Deswegen legen wir uns für die ordentlich ins Zeug.“ Denn nur wenn man etwas bieten kann, könne man auch vor Ort gute Fachkräfte binden. Auch deshalb sei er von Beginn an an der Initiative für akademische Ausbildungsapotheken beteiligt gewesen. 2011 war seine Offizin unter den zwölf ersten Apotheken, der die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg den Titel Ausbildungsapotheke verliehen hat. Mittlerweile sind es laut Kammer 29 im ganzen Ländle.
Um die Akkreditierung der Landesapothekerkammer zu erhalten, muss eine ganze Reihe an Kriterien erfüllt werden, von Voraussetzungen an das Personal, über bestimmte Leistungen wie Screenings, die Teilnahme an ZL-Ringversuchen, die Herstellung von im Schnitt zehn Rezepturen pro Woche bis hin zu innerbetrieblichen Fortbildungen. „Da waren wir immer sehr gut aufgestellt“, sagt Krombholz stolz. Vom Kammer-Konzept der akademischen Ausbildungsapotheken hält er sehr viel und hat auch deswegen ein Interesse daran, dass seine Auszeichnung bekannt wird.
„Wir wollen auch, dass das publik wird, weil ich das Gefühl habe, dass das Konzept der Ausbildungsapotheke noch zu wenig bekannt ist“, sagt er. „Ich erwarte ja nicht gleich, dass jemand für das Praktikum von Greifswald nach Ellwangen kommt – aber die Studenten sollten wissen, dass es Apotheken gibt, die sich mit Herzblut um ihre Ausbildung kümmern.“