Zinsen für nie geliehenes Geld Alexander Müller, 05.01.2017 09:58 Uhr
Sein Konto zu überziehen, ist trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase teuer. Für Dispokredite zahlen auch Apotheker bei ihrem Girokonto kräftig. Doch mittlerweile müssen fast alle auch für ihren Kreditrahmen bezahlen, selbst wenn sie ihn gar nicht in Anspruch nehmen. Die Banken fordern für nicht abgerufene Dispokredite sogenannte Bereitstellungszinsen. Löbliche Ausnahme ist bislang die Apobank.
Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) macht sich in den Apotheken immer stärker bemerkbar. Zwar sind Kredite günstig zu haben, dafür bringen Rücklagen nichts mehr ein. Die Versorgungswerke der Apotheker stöhnen unter den schlechten Anlagebedingungen. Bei kurzfristigen Geldanlagen kassieren einige Banken sogar Negativzinsen. Und die meisten Geldhäuser halten mittlerweile sogar die Hand dafür auf, dass sie Kredite bereithalten.
Aktuell führt die Oldenburgischen Landesbank (OLB) eine solche Gebühr ein: „Bei gewerblichen Kunden führen wir ab dem 01.02.2017 eine Bereitstellungsprovision in Höhe von 0,50 Prozent p.a. für nicht in Anspruch genommene Betriebsmittelkreditlinien ein“, bestätigt eine Sprecherin des Bankhauses.
Zur Begründung heißt es aus Oldenburg: „Mit dieser Entscheidung reagieren wir – wie auch andere Mitbewerber – auf Kostensteigerungen durch erhöhte regulatorische Anforderungen an Kreditinstitute, insbesondere in Bezug auf die Eigenkapitalanforderungen und die Liquiditätsvorhaltung.“
In einem Punkt hat die Bank offensichtlich recht: Mit der Provision ist sie nicht allein. Die ersten Banken haben schon vor etwa zwei Jahren angefangen, für den Disporahmen Zinsen zu verlangen. Spielarten davon gibt es etwa bei der Deutschen Bank, der Volksbank, den Sparkassen oder der Hypo-Vereinsbank. Die Gebühr liegt meist zwischen 0,5 und 1 Prozent des nicht in Anspruch genommenen Kreditvolumens. Die Banken begründen dies damit, dass sie die Summen ihrerseits bereithalten müssen.
Dass das Thema bei den Apothekern bislang noch nicht groß die Runde gemacht hat, könnte daran liegen, dass viele von ihnen mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) zusammenarbeiten. Die Genossenschaftsbank verzichtet bislang auf entsprechende Dispo-Provisionen: „Die Apobank berechnet für ihre Kunden außer Dispo-Zinsen keine Bearbeitungsgebühren oder Bereitstellungsprovisionen für die Inanspruchnahme eines Dispokredites, auch nicht bei Überziehung des Girokontos über den vereinbarten Dispokredit hinaus“, bestätigte eine Sprecherin.
Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger findet es löblich, dass die Apobank sich dem aktuellen Trend entzieht. Je nach Bank kann man seiner Erfahrung nach über diese Form der „Geldschöpfungserfindung“ verhandeln. Alternativ bliebe den Apothekern – bei entsprechend Liquidität – die Möglichkeit, den Disporahmen einfach zu streichen oder zumindest auf den maximal in Anspruch genommenen Betrag zu kürzen. Dann müssten sie nur selbst verlässlich dafür sorgen, dass immer genug Geld auf dem Konto ist, so Bellinger.