Saar: Testkäufe sind ein Armutszeugnis Julia Pradel, 01.12.2014 11:32 Uhr
Die Apothekerkammern setzen zunehmend auf Testkäufe. Anders im Saarland: Früher schickte die Geschäftsstellle Testkäufer in alle Apotheken, vergab Noten und sanktionierte Verstöße. Ende Oktober kam die Kehrtwende: Die Vertreterversammlung entschied sich gegen dieses Verfahren. Kammerpräsident Manfred Saar erklärt, warum.
ADHOC: Andere Kammern kündigen vermehrt Testkäufe an – warum werden sie im Saarland abgeschafft?
Saar: Wir sehen keinen Grund, unsere Kollegen zu belästigen. Wir gehen davon aus, dass die Apotheken, die schlecht beraten und sich nicht fortbilden, wirtschaftliche Nachteile haben werden. Wir brauchen keine Testkäufe – die Kunden wählen die Apotheke, in der sie sich gut beraten fühlen.
ADHOC: Kann das auch auf dem Land funktionieren, wo die Apothekendichte sehr gering ist?
SAAR: Die Leute sind heute so mobil: Sie entscheiden, ob sie bei Lidl, Aldi oder Kaufland einkaufen, selbst wenn sie dafür gegebenenfalls zehn Kilometer weiter fahren müssen. Sie werden im Zweifelsfall auch eine andere Apotheke aufsuchen, das zeigt die Erfahrung. Wer schlecht berät, wird die Quittung kriegen, selbst wenn er allein im Ort ist und sich für den Platzhirsch hält.
ADHOC: Können Testkäufe nicht zur Qualität in Apotheken beitragen?
SAAR: Ich habe Zweifel, ob unangekündigte Testkäufe die Qualität verbessern. Besonders auf dem Land: Die Apotheker kennen dort 90 Prozent ihrer Kundschaft – ein fremder Testkäufer fällt also immer auf. Den Eindruck hatten wir auch.
ADHOC: Testkäufe sind aus Ihrer Sicht also nicht nötig – aber doch nicht falsch, oder?
SAAR: Wir sind Freiberufler und Selbstständige und sollten das nötige Selbstbewusstsein haben. Testkäufe führt sonst keine Berufsgruppe durch. Für den Berufsstand sind sie ein Armutszeugnis, das man sich selbst ausstellt. Außerdem haben wir ohnehin genug Kontrollen.
ADHOC: Sehen Sie in dem Verzicht auf Testkäufe keine Gefahr für die Qualität?
SAAR: Die Abschaffung ist kein Freibrief für die Apotheken und bedeutet nicht, dass wir Verstöße nicht auch weiterhin sanktionieren. Künftig werden Apotheken nicht mehr generell überprüft, sondern nur noch in begründeten Einzelfällen, etwa wenn es Auffälligkeiten gibt oder Beschwerden vorliegen.
ADHOC: Wie wird aus Ihrer Sicht die Qualität in Apotheken gewährleistet?
SAAR: Ich setze auf den Berufsstand, die Eigenverantwortlichkeit der Apotheker und die Kunden, die das richten. Billig kann jeder. Aber man kann nur gut beraten, wenn man das notwendige Fachwissen hat. Von der Ausbildung her sollten wir das können und wie das umgesetzt wird, wird man durch Testkäufe nicht ändern. Es wird immer gute und schlechte Kollegen geben. Aber die Kunden merken es.