Kundin verbrannte sich an Paraffin

Beratungsfehler: Apotheke zu 44.228 Euro verurteilt

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Berlin -

Eine Frau aus dem österreichischen Tirol zog sich durch das übermäßige Erhitzen von Paraffin schwerste Verbrennungen zu. Das kommt auch die Apotheke teuer zu stehen, die das Paraffin ausgab. Denn das Oberlandesgericht Innsbruck (OLG) verurteilte die Apotheke wegen mangelhafter Aufklärung der Kundin zu einer Zahlung von über 44.000 Euro. Zusätzlich muss die Apotheke für 50 Prozent der mit dem Unglück verbundenen Folgeschäden aufkommen.

Wie es zu den Verbrennungen kommen konnte, dazu gab es von der betroffenen Frau und der zuständigen Apothekenmitarbeiterin unterschiedliche Angaben. Die Kundin bekam von ihrem Arzt wegen einer entzündlichen Arthritis Handbäder mit Paraffin verordnet. Als sie in der Apotheke das Rezept vorlegte, wurde ihr ein in einem Sack verpackter Block mit „Paraffinum Solidum“ ausgegeben, schildert sie den Hergang.

Laut der Tirolerin wurde im Beratungsgespräch lediglich daraufhin hingewiesen, das Paraffin in einem handelsüblichen Topf auf dem Herd zu erhitzen. Warnungen zur Brennbarkeit blieben der Frau zufolge aus. Auch auf der Verpackung sei lediglich ein Aufkleber mit dem Logo der Apotheke gewesen. Dieser Darstellung widerspricht die Apothekenmitarbeiterin jedoch: Sie habe sehr wohl darauf hingewiesen, dass das Paraffin nur vorsichtig erhitzt werden dürfe. Ohnehin könne ein schmerzlinderndes Handbad ja nur bei Temperaturen bis maximal 55 Grad genommen werden.

Einige Male ging beim Gebrauch des Paraffins alles gut. Am Unglückstag jedoch stellte die Frau den Herd jedoch auf eine hohe Stufe und ging während des Erhitzens auf die Toilette. Das Paraffin überhitzte und schlug Flammen. Die Frau nahm in Panik eine Decke, legte diese über den Topf und wollte diesen auf den Balkon bringen. Beim Öffnen der Balkontür verrutschte wohl die Decke, wodurch das heiße Paraffin auf Gesicht, Brustkorb und Arme der Tirolerin spritzte. Sie erlitt schwere Verbrennungen, die in mehreren Operationen behandelt werden mussten.

Die Apotheke sieht die Verantwortung bei der Kundin. Da Paraffin kein Arzneimittel sein, unterliege es keiner Kennzeichnungspflicht und auch nicht der Apothekenbetriebsordnung. Zudem sei die Gefahrenquelle der Herd und nicht das Paraffin selbst gewesen. Gegen diese Sichtweise klagte die Frau, der Fall landete schließlich vor Gericht. Nach Ansicht ihrer Anwälte war die Apotheke aufgrund der fehlenden Produktkennzeichnungen verpflichtet, mündlich über die Gefahren des Paraffins hinzuweisen. Zudem hätte die Apothekenmitarbeiterin dazu raten müssen, das Gemisch nicht in einem Kochtopf, sondern lediglich in einem Wasserbad zu erhitzen.

Das OLG verurteilte die Apotheke zu einer Schadenersatzzahlung von 44.228 Euro. Dazu muss die Apotheke der Betroffenen eine monatliche Rente von 64 Euro zahlen und für 50 Prozent aller Folgeschäden des Unfalls aufkommen. Da die Frau durchaus sorglos agierte, als sie einen ihr unbekannten Stoff während des Erhitzens unbeobachtet ließ, komme es zu einer sogenannten Verschuldensteilung, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Daher wurde das Strafmaß für die Folgeschäden auf 50 Prozent reduziert.

Die Richter machten aber auch klar, dass bei Fehlen schriftlicher Hinweise auf der Produktverpackung die Apotheke eine mündliche Aufklärung zum sachgerechten Gebrauch leisten muss. Hierbei sei der Betrieb außerdem in der Beweispflicht. Ebenjenen Beweis zur korrekten Beratung habe die Apotheke vor Gericht aber nicht erbringen können, so das OLG. Die Betroffene habe in diesem Fall auf die Sachkunde der Apothekenmitarbeiterin vertrauen dürfen. Ob die Mitarbeiterin tatsächlich mit der gebotenen Sorgfalt ihrer Aufklärungspflicht nachkam, habe nicht geklärt werden können, hieß es im Urteilsspruch.

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