Zehn Jahre Rabattverträge und nur jedes vierte Rabattarzneimittel ist von der Zuzahlung befreit. Tendenz sinkend. Die Kassen sparen, ohne den Vorteil an die Versicherten weiterzureichen.
In den vergangenen Wochen und Monaten sind einige neue Rabattverträge in Kraft getreten. Dennoch gibt es bei den Zuzahlungen keine Entspannung. Gesetzlich Versicherte werden weiterhin zur Kasse gebeten – nur jedes vierte rabattierte Arzneimittel ist aktuell zur Hälfte oder komplett befreit. In Zahlen sind das 5184 der 21.201 Rabattarzneimittel. Zum Vergleich: 2008 lag die Befreiungsquote noch bei 60 Prozent.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hat nachgerechnet. 2016 betrug das Zuzahlungsvolumen 2,1 Milliarden Euro – 2011 waren es 1,8 Milliarden Euro. Dem stehen für das Jahr 2016 Einsparungen der Krankenkassen von etwa vier Milliarden Euro gegenüber. Der Patientenbeauftragte Berend Groeneveld steht dem kritisch gegenüber: „Die Kostenvorteile der Kassen aus den Rabattverträgen steigen an. Jedes Jahr sparen sie mehrere Milliarden Euro dadurch ein. Leider werden die Vorteile nicht unmittelbar an die Patienten weitergegeben.“
„Die Versorgung der Patienten durch die Apotheken wird durch Rabattverträge teilweise erschwert, und es gibt auch zusätzlichen Erklärungsbedarf. Vermeidbar wären dabei Erklärungen zur Zuzahlung“, so Groeneveld weiter. Zudem könnten zuzahlungsbefreite Rabattarzneimittel die Akzeptanz der Patienten auf die Umstellung erhöhen.
Nach Berechnungen des DAV waren 2014 nur 11.500 der 27.000 erfassten Rabattarzneimittel zur Hälfte oder komplett von der Zuzahlung befreit. Das entsprach 43 Prozent. Für die übrigen Rabattarzneimittel mussten Patienten demzufolge die volle Zuzahlung leisten. Möglich ist eine Änderung der zuzahlungsfreien Medikamente zum 1. oder 15. des Monats, denn alle 14 Tage können die Hersteller die Preise der Arzneimittel anpassen. Patienten müssen seit Jahren jedoch immer mehr zuzahlen.
Im Allgemeinen müssen Patienten bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln mindestens 5 und maximal 10 Euro zuzahlen. Für Präparate zwischen 50 und 100 Euro zahlen die Versicherten 10 Prozent des Apothekenverkaufspreises. Eine Möglichkeit der Zuzahlungsbefreiung wurde mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (WSG) eingeführt: Die Krankenkassen können durch den Abschluss von Rabattverträgen ihren Versicherten die Zuzahlung zur Hälfte oder komplett erlassen. Von dieser Art der Befreiung profitieren jedoch nur Versicherte einzelner Kostenträger, da die Rabattverträge individuell geschlossen werden.
Der GKV-Spitzenverband kann auf der Grundlage des Arzneimittelversorgungs- und Wirtschaftlichkeitsgesetzes (AVWG) besonders günstige Medikamente von der gesetzlichen Zuzahlungspflicht befreien. Eine Ausnahme kann getroffen werden, wenn das Medikament im Preis mindestens 30 Prozent unter dem Festbetrag liegt – dem Erstattungshöchstbetrag. Zudem muss auch die Kasse trotz der wegfallenden Zuzahlung durch den Patienten entlastet werden.
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