Nach der überraschenden Kehrtwende beim Botendiensthonorar pocht der Deutsche Apothekerverband (DAV) jetzt darauf, dass die in Aussicht gestellten 2,50 Euro im Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) nicht mit der versprochenen Honorierung für pharmazeutische Dienstleistungen verrechnet werden. Außerdem appellierte der Vorsitzende Fritz Becker erneut an die Regierungskoalition, das VOASG endlich noch in diesem Jahr zu verabschieden.
Zum Bericht von APOTHEKE ADHOC, wonach weitere Regelungen zum Botendienst der Apotheken statt im Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) nun im VOASG umgesetzt werden sollen, erklärte Becker: „Wir wollen klare Regeln für den Botendienst und eine Verstetigung des Botendienstzuschusses über den 30. September 2020 hinaus. Zunächst einmal ist es gut, wenn die Politik hier eine dauerhafte gesetzliche Verankerung anstrebt. Über welches Gesetzespakt das geschieht, ist dabei zunächst sekundär.“
Wenn der Botendienst nun im VOASG geregelt werde, müssen laut Becker aber zwei Punkte klar sein: „Erstens muss die Finanzierung zusätzlich und unabhängig vom ohnehin zu knappen Volumen für pharmazeutische Dienstleistungen gesichert werden. Da sollte es sich kein Abgeordneter zu einfach machen und alles in einen Topf werfen. Und zweitens darf das VOASG-Verfahren sich auf keinen Fall weiter verzögern. Das Gesetz muss in diesem Jahr durch den Bundestag. Es ist ordnungspolitisch enorm wichtig und die Apothekerschaft wartet seit fast vier Jahren darauf.“
Offenbar wurden auch Abda und DAV von der Änderung der Vorgehensweise in der Gesetzgebung überrascht. Gestern war bekannt geworden, die Entfristung des Botendiensthonorars und Absenkung auf 2,50 Euro wieder aus dem Entwurf für das KHZG gestrichen wird. Stattdessen soll es im VOASG geregelt werden. Damit kann die Entfristung aber voraussichtlich nicht mehr Ende September greifen. Bis zum Inkrafttreten des VOASG würde das Botendiensthonorar damit zunächst wieder entfallen.
CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich sagte gegenüber APOTHEKE ADHOC, er gehe davon aus, dass das Botendiensthonorar jetzt im VOASG geregelt werde. Dort gehöre es auch systematisch hin. Nächste Woche will das Bundeskabinett das KHZG verabschieden. Unklar ist allerdings der Grund für den Wechsel des Gesetzes. Dem Vernehmen nach gab es Widerstand aus dem für die Apothekenhonorierung zuständigen Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Auch die Krankenkassen kritisieren die durch das Botendiensthonorar entstehenden Mehrkosten von circa 75 Millionen Euro pro Jahr.
Der Wechsel ins VOASG könnte für die Apotheken aber noch andere Konsequenzen haben. Das VOASG ist bereits vom Kabinett beschlossen. Es müssten also entsprechende Änderungsanträge eingebracht werden. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für Lobbyarbeit. Bisher sollten die Kassen das Botendiensthonorar zusätzlich zu den im VOASG vorgesehenen 150 Millionen Euro für neue pharmazeutische Dienstleistungen zahlen. Es ist daher anzunehmen, dass bei der anstehenden VOASG-Beratung im Parlament Forderungen laut werden, das Botendiensthonorar aus diesem Topf zu finanzieren und damit zu verrechnen. Damit gingen den Apotheken 75 Millionen Euro Extra-Honorar verloren. Offen ist auch, ob Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Botendiensthonorar im Rahmen seiner Corona-Verordnungskompetenz über den 30. September hinaus verlängert, um keine Lücke bei der Honorierung entstehen zu lassen.
Weil viele Apotheken während der Corona-Krise ihre Botendienste ausgeweitet haben, hatte die Politik auf Forderungen der Abda reagiert und ein Sonderhonorar beschlossen. Einmalig 250 Euro sowie 5 Euro pro Botendienst bekommen die Apotheken von den Krankenkassen bis Ende September erstattet. Weil die Pandemie alles andere als überwunden ist, waren die Forderungen nach einer Entfristung immer lauter geworden. Dem wollte Spahn im KHZG kurzfristig nachkommen. Im Gesetzentwurf heißt es: „Die bisher in der Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung geregelte Vergütung für den Botendienst der Apotheken wird verstetigt und von 5 Euro auf 2,50 Euro je Botendienst gesenkt.“
Die im SGB V geplante Verankerung des Botendiensthonorars sei notwendig, um in Regionen mit geringerer Apothekendichte die Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sicherzustellen. Der Botendienst trage zu einer Entlastung bei der Zahl der Apothekenbesuche und zur Sicherstellung der Versorgung dieser Personen mit Arzneimitteln bei, heißt es zur Begründung.
Nach Einführung des neuen Botendiensthonorars Ende April wurden im Mai 2020 insgesamt 2,52 Millionen Rx-Lieferungen durch Vor-Ort-Apotheken mit den Krankenkassen abgerechnet. Diese Zahlen hat das Marktforschungsunternehmen Iqvia ermittelt. Damit hätten die Krankenkassen bis Ende Mai über 14 Millionen Euro bezahlt, um die Arzneimittelversorgung in der Corona-Pandemie sicherzustellen, schreibt Iqvia.
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