Bayern

Herzinfarkt-Prävention in der Apotheke

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Berlin -

Apotheker in Bayern können ihren Kunden künftig ein Programm zur Herzinfarkt-Prävention anbieten. Das Wissenschaftliche Institut für Prävention im Gesundheitswesen der Bayerischen Apothekerkammer (WIPIG) hat dafür das Konzept „Herzensangelegenheit 50+“ entwickelt. 2014 soll das Programm auch in anderen Bundesländern beginnen. Die Übernahme der Kosten wird laut WIPIG derzeit mit den Krankenkassen diskutiert.

Die Apotheker sollen teilnehmende Patienten über Risikofaktoren informieren, sie zur Änderung des Lebensstils beraten und Präventionsangebote vor Ort vermitteln. Alle drei Monate soll es Einzelgespräche mit den Patienten geben, außerdem können die Apotheken Vorträge oder Kochkurse anbieten.

Am Anfang des Programms steht eine Risikobestimmung des Kunden: Mithilfe einer Microvette entnehmen Apotheker oder PTA Blut aus der Fingerkuppe des Patienten. Diese wird zur Analyse in ein Labor geschickt. Das WIPIG arbeitet dafür mit dem Institut für Fettstoffwechsel und Hämorheologie in Windach zusammen. Die Apotheker könnten das Labor aber selbst auswählen, sagt WIPIG-Geschäftsführer Dr. Helmut Schlager.

Die Patienten erhalten anschließend einen Brief mit ihrem Ergebnis: Liegt das Herzinfarktrisiko bei mehr als 45 Prozent, wird ein Arztbesuch empfohlen. Bei einem Ergebnis von weniger als 15 Prozent ist keine Änderung des Lebensstils notwendig. Schlager zufolge wurde bei 80 Prozent der Teilnehmer jedoch ein Herzinfarktrisiko zwischen diesen Werten festgestellt. Patienten, die ihr Risiko durch eine Lebensstiländerung minimieren können, sind die Zielgruppe des Programms.

Das Konzept wurde seit 2009 in 13 Apotheken in Bayern erprobt. 1900 Patienten haben bisher an dem Programm teilgenommen, rund 1100 kamen nach einem Jahr zur zweiten Blutuntersuchung, jeder Fünfte hatte die Beratungsangebote der Apotheke genutzt. Das Ergebnis: 100 potentielle Herzinfarkte konnten durch die anhaltende Risikoreduktion vermieden werden. Bei denen, die sich betreuen ließen, war das Ergebnis etwas besser als bei denen, die auf eigene Faust versuchten, ihr Risiko zu reduzieren. Eine weitere Erkenntnis: Je häufiger es Kontakt zwischen Patient und Apothekegab, desto besser war der Effekt.

Im Rahmen der Studie war die Teilnahme kostenlos. Für die Blutentnahme und die Untersuchung im ärztlichen Labor sowie die Präventionsbegleitung fallen Kosten an. Künftig sollten die Apotheker aber eine Vergütung verlangen, sagt Schlager. Das WIPIG empfiehlt, sich bei der Kostenkalkulation an den LeiKa zu halten, den „Leistungskatalog der Beratungs- und Serviceangebote in Apotheken“.

Derzeit müssten Patienten diese Kosten selbst übernehmen. Das Ziel sollte aus Schlagers Sicht allerdings sein, dass das Präventionsangebot von den Krankenkassen bezahlt wird. „Gebühren schrecken Leute ab, darum ist es wichtig, dass die Kassen die Kosten erstatten“, so Schlager. Bei der Berechnung des Modellprojekts kam heraus, dass die 100 vermiedenen Herzinfarkte direkte Krankheitskosten von mehr als 640.000 Euro verursacht hätten.

In Bayern beginnt nach der Modellphase der Rollout: 32 Apotheker und PTA wurden in einem ersten Seminar für das Programm geschult, acht weitere Fortbildungstermine sind bereits geplant. In vier Stunden wird Hintergrundwissen über kardiovaskuläre Erkrankungen und deren Prävention vermittelt. Außerdem gibt es Tipps zur praktischen Umsetzung des Programms in der Apotheke, zum Beispiel eine Übung zum Blutabnehmen.

Ab 2014 soll die Aktion in anderen Bundesländern beginnen: „Es gibt bereits Termine in Westfalen-Lippe“, sagt Schlager. Andere Bundesländer könnten die Fortbildung ebenfalls anbieten. Apotheker, die an der Schulung teilnähmen, erhielten auch das Material und können dann sofort das Programm anbieten.

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