Bayern

Freilassing: Apotheken in der Klemme

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Berlin -

Freilassing ist ein ganz besonderer Ort in Deutschland – insbesondere für Apotheker. Dort wetteifern sieben Apotheken um gerade mal 15.800 Einwohner. Mit 2250 Einwohnern pro Apotheke ist Freilassing wahrscheinlich der Ort mit der höchsten Apothekendichte im ganzen Land. Trotzdem ließ es sich nicht nur als Apotheker gut leben an der bayerischen Grenze zu Österreich. Kunden aus dem Nachbarland sorgten jahrzehntelang für gute Umsätze – bis vor einem Jahr die Flüchtlingswelle über Europa rollte. Die Geschäfte in der Grenzstadt brachen ein. Der Einzelhandel kämpft mit den Folgen.

Offen darüber reden will kein Apotheker, schließlich möchten sie die Debatte nicht in die falsche Richtung lenken. Aber hinter vorgehaltener Hand gibt es Klagen über die Politik der Landesregierung. Um bis zu 50 Prozent sei der Umsatz eingebrochen, berichtet ein Apotheker, weil die Kunden aus Österreich seit vergangenem September weggeblieben sind. An manchen Tagen gebe es gar keine EC-Kartenbelege aus dem Nachbarland mehr in der Kasse. Das gab es früher nie. Jetzt muss gespart werden, sogar Personal wurde schon abgebaut. Und eine Apotheke wurde nach dem Tod der Inhaberin von den Erben geschlossen.

Grund für die wirtschaftlichen Probleme sind die strengen Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze. Kurz nachdem die Zahl der Flüchtlinge stieg, wurde an der Grenzbrücke über die Saalach Kontrollstellen eingerichtet, die vierspurige Bundesstraße auf zwei Spuren verengt. Die Folge waren lange Staus – an manchen Tagen bis zu zwei Stunden. Viele Kunden aus Österreich blieben deswegen zu Hause. Inzwischen hat sich die Lage zwar gebessert, aber es gibt immer noch tägliche Kontrollen.

Und der Kunde ist ein Gewohnheitstier. Davon hat der Einzelhandel in Freilassing jahrzehntelang gut gelebt. Vor dem EU-Beitritt Österreichs kamen die Käufer aus dem Nachbarland in Scharen. Wegen der Steuerunterschiede waren viel Waren in Freilassing deutlich günstiger. Außerdem gab es jenseits der Grenze andere Produkte und medizinische Angebote als in Österreich. Ärzte, Apotheker und der gesamte Handel richteten sich darauf ein. Daraus entstand eine Tradition, die sich bis ins vergangene Jahr gehalten hat, obwohl sich die Preisunterschiede seit dem EU-Beitritt Österreichs nivelliert haben.

„Bis zu 80 Prozent meines Umsatzes kam aus Österreich“, beschreibt Anna Klinger, Inhaberin eines Brautmodengeschäfts, ihre wirtschaftliche Lage bis letzten Herbst. Als Vorsitzende des Wirtschaftsforums Freilassing, in dem sich der Einzelhandel der Region organisiert hat, weiß sie auch um die Nöte der anderen Händler und Kaufleute. „Im Schnitt hängt 40 bis 60 Prozent des Umsatzes an unseren Kunden aus Österreich“, so Klinger.

Sehr viele Österreicher seien nicht nur in die Apotheken zum Einkauf gegangen. Auch die Drogerien hätten profitiert, weil viele Angebote in Deutschland bis heute preiswerter seien als im Alpenland. Klinger: „Wir leben von Österreich. Die Lage im letzten Herbst war dramatisch.“

Inzwischen hat sich die Verkehrslage zwar wieder einigermaßen normalisiert. Aber die alten Kunden und Umsätze seien noch nicht wieder zurückgekehrt. „Das braucht seine Zeit“, so Klinger. Auf die Politik ist die Kauffrau nicht gut zu sprechen – nicht nur wegen der Flüchtlinge. Mit Schrecken blickt Klinger auch auf die Pläne der bayerischen CSU zur Einführung einer Pkw-Maut. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ringt mit der EU-Kommission seit Monaten um die Vignette. Kommt die Vignette, kämen die Österreicher bestimmt gar nicht mehr. „Dann können wir hier alle zusperren“, so Klinger.

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