Mit Aufklebern auf Rezepten soll der Pharmakonzern Bayer versucht haben, einen Arzneiliefervertrag zwischen Apothekern und AOK Nordost umgehen. Ärzte in Mecklenburg-Vorpommern sollen so dazu gebracht worden sein, gezielt Bayer-Blutzuckerteststreifen zu verordnen. Der Apothekerverband kritisiert, dass der Konzern eine erfolgreiche Abmachung zwischen Apotheken, Ärzten und Krankenkasse unterlaufe. Laut Bayer ist das Ganze ein Versehen gewesen.
Seit einem Jahr gibt es in Mecklenburg-Vorpommern Vereinbarungen zwischen AOK und Apothekern sowie zwischen AOK und Ärzten zu Blutzuckerteststreifen. Die Ärzte werden demnach angehalten, die Produkte generisch zu verordnen, also lediglich „Blutzuckermessstreifen“ auf die Rezepte zu schreiben. Die Apotheken bekommen pro 50er-Packung eine Pauschale von 19,95 Euro von den Kassen und suchen selbst das Produkt aus.
Die Apotheker haben inzwischen 13 Hersteller gewonnen, die die Teststreifen zu einem günstigen Preis anbieten. So werde den Apotheken ein wirtschaftliches Arbeiten ermöglicht, sagt Dr. Heinz Weiß, Geschäftsführer des Apothekerverbands. Die Patienten hätten neue Geräte bekommen, der Markt sei komplett umgekrempelt worden.
„Die Marktführer Bayer und Roche haben durch die Vereinbarung massive Marktanteile verloren“, sagt Weiß. Seitdem hätten die Konzerne ihre Preispolitik geändert und böten ihre Teststreifen ebenfalls günstiger an. Der Abgabepreis der Apotheke liege jedoch nach wie vor über der Pauschale, die die Kassen zahlten.
Bayer-Außendienstmitarbeiter haben nun Blutzuckermessgeräte und Aufkleber in den Praxen verteilt, auf denen der Name der Teststreifen „Contour Next Sensoren“ und die entsprechende Pharmazentralnummer (PZN) stehen. Ärzte verordnen auf den Rezepten zwar generisch, über den Aufkleber geben sie jedoch ein genaues Produkt vor.
In den Apotheken sorgen die Aufkleber für Verwirrung: Geben die Apotheker der Bayer-Teststreifen ab und rechnen sie die Pauschale ab, geht die Differenz zu ihren Lasten. Der Apothekerverband hat seine Mitglieder daher darauf hingewiesen, die Rezepte nicht wie generische Verordnungen zu behandeln. Der Aufkleber sei als klarer Hinweis des Arztes zu verstehen, ein bestimmtes Präparat abzugeben. Folglich müsse der höhere Preis der namentlichen Verordnung abgerechnet werden.
Eine Bayer-Sprecherin erklärt, dass die Aufkleber nicht für die Abgabe an Ärzte bestimmt gewesen seien. Die Außendienstmitarbeiter sollten damit ihr Material versehen und auf die Preissenkung aufmerksam machen. Sie könne sich das Problem mit den Rezepten nur so erklären, dass die Aufkleber zweckentfremdet worden seien. Man werde den Außendienst nun direkt informieren und dafür sorgen, dass das Problem nicht mehr vorkomme.
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