Apotheken dürfen nach einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts kein Sexspielzeug verkaufen. Denn es handele sich nicht um apothekenübliche Ware, die nach objektiven Maßstäben einen unmittelbaren Gesundheitsbezug haben müsse. Dass Produkte wie Vibratoren durchaus der Gesundheit dienen, betont jetzt die Barmer. Die Krankenkasse sorgt derzeit mit einem besonderen „Gesundheitstipp“ bei Facebook für Furore.
Die Barmer empfiehlt Selbstbefriedigung als Einschlafhilfe und zeigt ein Foto eines Vibrators. Mit einer Masturbations-Empfehlung hat die Krankenkasse viel Aufmerksamkeit im Netz erzeugt. „Für pulsierende Nächte“, heißt es im Facebook-Auftritt der Ersatzkasse, die mit rund neun Millionen Versicherten zu den größten Krankenkassen Deutschlands zählt.
Ein Foto zeigt ein Sex-Spielzeug, das Frauen zur Selbstbefriedigung dienen soll. „Wenn du mal wieder nicht schlafen kannst, dann leg einfach mal selbst Hand an oder hol dir ein Spielzeug dazu, dann kommt der Schlaf ganz von alleine», heißt es dazu im Text. In kurzer Zeit sammelten sich mehr als 1300 Kommentare unter dem Beitrag. Barmer-Sprecher Daniel Freudenreich bestätigte, dass es sich nicht um einen Fake handelt: „Es gibt immer noch Themen, die gerne verschwiegen werden, obwohl sie die allermeisten Menschen betreffen. Mit unserem Eintrag auf Facebook wollten wir mit einem Augenzwinkern auf eines dieser Themen hinweisen.“
Das Social-Media-Team der Barmer beantwortete derweil Fragen zur Kostenübernahme für das gezeigte Sex-Spielzeug: „Bei der Anschaffung und Durchführung können wir nicht behilflich sein. Von uns kommt nur der Gesundheitstipp.“
Keinen Gesundheitsbezug konnte die Apothekerkammer Niedersachsen beim Sortiment an Vibratoren, Stimulationsgels oder Potenzringen bei Versandapotheken sehen. Sie ging juristisch gegen mehrere Onlinehändler vor und stoppte vor drei Jahren beispielsweise Sanicare vom Verkauf von Vibratoren, „Joysticks“ und Erotikspielzeug.
Das Verwaltungsgericht Osnabrück gab der Kammer recht, auch das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht folgte der Entscheidung. Bei den genannten Produkten handelte es sich aus Sicht der Richter nicht um apothekenübliche Ware, die nach objektiven Maßstäben – nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Herstellers oder Verkäufers – einen unmittelbaren Gesundheitsbezug haben müsse.
Ein durchschnittlicher Verbraucher habe nicht die Vorstellung, dass die fraglichen Produkte zur Behandlung von bestimmten Krankheitsbildern eingesetzt würden, sondern halte sie vielmehr für bloße Mittel zur sexuellen Anregung bzw. Entspannung. Dafür spreche auch die konkrete Ausgestaltung der Internetseite, wo die Produkte unter der Rubrik „Lust und Liebe" angeboten worden seien. Argumente von Sanicare wie die Joy- beziehungsweise Mediballs, dienten zum intensiven Training der Vaginal- und Beckenbodenmuskulatur insbesondere nach Schwangerschaften, überzeugten die Richter nicht.
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