Barmer droht mit Retaxierung Désirée Kietzmann, 10.02.2010 08:34 Uhr
Apotheken, die bestimmte Humaninsuline substituieren, drohen Retaxierungen: Die Barmer GEK weist in einem aktuellen Schreiben darauf hin, dass die Humaninsuline Protaphane, Actraphane und Actrapid des Herstellers Novo Nordisk nicht gegen die Produkte Insuman basal, rapid und comp von Sanofi-Aventis ausgetauscht werden dürfen.
Die Insuline gelten laut Barmer GEK nicht als wirkstoffgleich und seien „somit nicht substituierbar“.
Nach Angaben der Kasse hatten Apotheken Ende Januar vereinzelt die Produkte gegeneinander ersetzt. Einen Verstoß gegen den Rahmenvertrag will die Kasse nicht akzeptieren: Sollte der Fehler nicht „kostenneutral“ behoben werden, „behält sich die Barmer GEK das Recht vor, eine Retaxierung durchzuführen“, heißt es in einem Schreiben der Kasse an den Deutschen Apothekerverband (DAV). Der Versicherte könne ein anderes als das verordnete Präparat zudem gar nicht nutzen, da unterschiedliche Pens verwendet werden.
Die ehemalige GEK hatte im Jahr 2007 einen Rabattvertrag mit Sanofi-Aventis über die Insuman-Produkte geschlossen. Da die Präparate jedoch ohnehin nicht substituierbar waren, hatte die Kasse sie einem Sprecher zufolge aus dem Rabattmeldeverfahren herausgelassen. Die „Gefahr“ des Austausches bestand damit nicht. Die neue Barmer GEK fährt nun eine andere Politik: „Es sollen grundsätzlich alle rabattierten Arzneimittel transparent gemacht werden“, sagte ein Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Die Kasse hatte die Insumanprodukte mit der Fusion zum Jahresbeginn deshalb erstmalig in das Rabattmeldeverfahren aufgenommen. Offenbar zeigten einige Softwareprogramme daraufhin die Austauschmöglichkeit an. Möglichen Entschuldigungen greift die Kasse bereits vor: „Die Apotheken machen regelmäßig die Apothekensoftware (Pharmatechnik, Pro Medisoft, Apocomp) für den Fehler verantwortlich“. Nach der Auswahl durch die Software sollte jedoch immer eine Plausibilitätsprüfung erfolgen. Den DAV fordert die Barmer GEK dazu auf, die Softwarehersteller über den Sachverhalt zu informieren.
Mit dem neuen Rahmenvertrag war erst kürzlich der Austausch von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln klargestellt worden. Demnach sind zwei Präparate nur wirkstoffgleich, wenn sie unter Bezugnahme auf das Referenzarzneimittel zugelassen sind und sich in Ausgangsstoffen und Herstellungsprozess nicht unterscheiden. Welche Arzneimittel als „bioidentisch“ gelten und damit ausgetauscht werden müssen, soll in einer Anlage aufgeführt werden, die bislang jedoch noch nicht erstellt ist.
Der DAV weist darauf hin, dass aus diesem Grund derzeit keine Verpflichtung zum Austausch bei Verordnungen über biotechnologisch hergestellte Arzneimittel besteht.