Im Fall des Apothekers, der massenhaft Krebsmedikamente in betrügerischer Absicht zu niedrig dosiert haben soll, fordern Patientenschützer eine Ausweitung der Ermittlungen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verlangt Untersuchungen wegen des Verdachts der Körperverletzung und der Körperverletzung mit Todesfolge. Das Düsseldorfer Gesundheitsministerium hat sich in den Fall eingeschaltet. Das Landeszentrum Gesundheit NRW unterstütze die Ermittler durch Analysen von sichergestellten Medikamentenproben.
Der Bottroper Apotheker soll in mindestens 40.000 Fällen bei der Dosierung der Wirkstoffe für die Krebsimmuntherapie gespart haben und Krankenkassen um 2,5 Millionen Euro betrogen haben. Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt gegen den 46-Jährigen – allerdings geht es in den Ermittlungen bislang nur um Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz. Die Behörde habe das Thema Körperverletzung aber im Blick, sagte Oberstaatsanwältin Anette Milk. Es könne derzeit aber nicht gesagt werden, welche Patienten falsche Rezepturen bekommen hätten. Es werde versucht, das in einem zweiten Schritt herauszubekommen. Es müsse letztlich nachgewiesen werden, ob ein Patient Schaden genommen habe.
NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) rät verunsicherten Patienten, sich an ihre behandelnden Ärzte zu wenden. „Die tatsächliche Dimension ist noch völlig offen“, erklärte Steffens. Krebsbetroffene und ihre Angehörigen stürze aber allein der Verdacht in eine furchtbare Situation. Zur Belastung durch die schwere Krankheit komme nun noch die Ungewissheit hinzu, möglicherweise durch kriminelle Machenschaften nicht die erhoffte Therapie bekommen zu haben.
Nach Angaben der Patientenschützer gibt es in Deutschland rund 200 Onkologie-Schwerpunktapotheken. Sie versorgen Hunderttausende schwerkranker Krebspatienten, die schon eine Standardtherapie erfolglos erhalten haben. Dort werden Medikamente individuell hergestellt. „Ohne Zweifel funktioniert die Endkontrolle am Produkt nicht ausreichend“, sagte Vorstand Eugen Brysch.
„Die derzeitige Informationsstrategie, Hilfesuchende mögen sich an den behandelnden Arzt oder das zuständige Krankenhaus wenden, wirkt unprofessionell“, sagte Brysch. Das Ministerium müsse eine Anlaufstelle für die Betroffenen einrichten, forderte er. Die belieferten Arztpraxen und Krankenhäuser seien den Behörden bekannt.
APOTHEKE ADHOC Debatte