Apothekenpflicht

Baldrian und Artischocke bald freiverkäuflich? Désirée Kietzmann, 30.09.2009 15:23 Uhr

Berlin - 

Das Spektrum der Phytopharmaka, die außerhalb der Apotheke vertrieben werden dürfen, könnte sich schon bald um eine beträchtliche Anzahl von Präparaten erhöhen. Denn der Sachverständigenausschuss für Apothekenpflicht (SVA) hat sich dafür ausgesprochen, eine Reihe pflanzlicher Zubereitungen in die Freiverkäuflichkeit zu entlassen.

So sollen Fertigarzneimittel mit Artischockenblättern aus der Apothekenpflicht entlassen werden. Betroffen wären bekannte Präparate wie Hepar SL forte (Klosterfrau), Hepar POS (Ursapharm) sowie Artischockenblätterprodukte zahlreicher Generikafirmen.

Der Markt für die Präparate ist beachtlich: Im Jahr 2008 lag der Umsatz mit Artischockenpräparaten in der Apotheke nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens IMS Health bei 16 Millionen Euro. Allerdings berücksichtigt die Statistik generell Produkte, die Artischocke als Inhaltsstoff aufführen und unterscheidet nicht nach den verwendeten Pflanzenteilen.

Mehr als 120 Hersteller hatten 2008 Präparate mit Artischocke auf dem Markt, wobei zehn Produzenten 75 Prozent des Umsatzes ausmachten. Am meisten setzten die Firmen Klosterfrau, Dr. Niedermaier Pharma und Stada um.

In Zukunft könnten auch mehr Baldrianprodukte freiverkäuflich sein. Aktuell sind lediglich Valeriana-Monopräparate sowie Mischungen von Baldrian- und Hopfenextrakt von der Apothekenpflicht ausgenommen. Der SVA sprach sich nun dafür aus, auch Mischungen mit Passionsblumen- oder Melissenextrakt zu entlassen. Zahlreiche sedative Kombinationspräparate sind von der empfohlenen Änderung betroffen, mit Ausnahme der Produkte, die Johanniskraut enthalten.

Im vergangenen Jahr setzten die Apotheken laut IMS Health insgesamt 92 Millionen Euro mit Baldrian-Mono- und Kombipräparaten um. Insgesamt hat das Marktforschungsunternehmen in seinem OTC-Report 361 Produkte gelistet, von denen allerdings nur 50 nennenswerte Umsätze erzielten.

Die führenden zehn Hersteller von Baldrianpräparaten machten im vergangenen Jahr 70 Prozent des Umsatzes. Marktführer war der Hersteller Whitehall-Much, der mit „Baldriparan Stark für die Nacht“ (Baldrian) ein freiverkäufliches Präparat und mit „Baldriparan Stark zur Beruhigung“ (Baldrian, Hopfen, Melisse) ein bislang apothekenpflichtiges Präparat auf dem Markt hat.

Die Entscheidungen des SVA haben lediglich empfehlenden Charakter. Über die tatsächliche Änderung des Vertriebsstatus entscheidet das Bundesgesundheitsministerium. In der Regel folgt es dem Votum der Experten.