Studium

Bald Pharmazie in Bielefeld?

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Berlin -

Überalterung, Arbeitsbedingungen, fehlende Studienplätze: Die Gründe für den Nachwuchsmangel unter Apothekern sind vielfältig. Insbesondere auf dem Land fehlen Pharmazeuten als Fachkräfte. Eine Lösung könnte ein neuer Studienort sein. Der Vorsitzende des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), Dr. Klaus Michels, sprach sich in einem Interview mit dem Westfalen-Blatt für eine Pharmazie-Fakultät an der Universität Bielefeld aus. 

Studieninteressierte können bundesweit derzeit an 22 Hochschulen Pharmazie studieren, in NRW bieten drei Universitäten den Studiengang an: Bonn, Düsseldorf und Münster. In Bielefeld dagegen kann man weder Pharmazie noch Medizin studieren. Das soll sich bald ändern, denn von der geplanten Medizin-Fakultät an der Universität Bielefeld sollen auch Apotheker profitieren. Michels betrachte das neue Projekt als „Riesenchance“, schreibt das Westfalen-Blatt. Derzeit zählt die Kammer Westfalen-Lippe mehr als 150 offene Stellen für approbierte Apotheker. Michels dürfte den Fachkräftemangel aus eigener Erfahrung kennen: Er betreibt seine Apotheken ebenfalls in der Region.

Idealerweise könnte man die Lehre der Nachwuchskräfte der beiden Studiengänge zumindest in einigen Fächern wie Pharmakologie, Physik und Chemie bündeln. „In Bielefeld besteht die Chance schon bei der Ausbildung beider Heilberufler von Beginn an die immer notwendige werdende interdisziplinäre Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker zu verzahnen“, sagt Michels. So könne man auch Kosten einsparen. „Wenn Ärzte auf dem Land gehen und nicht ersetzt werden, verschwinden auch die Apotheken“, fasst der Vorsitzende zusammen.

Dem Bericht zufolge werde sich der Apothekerverband stark machen, um ein pharmazeutisches Institut errichten zu lassen. Auch Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sei in die Thematik miteinbezogen. In nächster Zeit sei ein Spitzengespräch mit den Kammern von Westfalen-Lippe und Nordrhein und dem Minister geplant, um gemeinsam die Ausbildung der angehenden Apotheker zu evaluieren.

Den Nachwuchsmangel führt der Vorsitzende auf mehrere Faktoren zurück. Zum einen hätten die jungen Pharmazeuten geringes Interesse für eine Tätigkeit in der Offizin. Außerhalb der Apotheke hätten sie attraktivere Arbeitszeiten. Auch würden sich immer wenige jungen Apotheker selbstständig machen wollen, so Michels gegenüber dem Westfalen-Blatt. Insbesondere sei die Situation auf dem Land kritisch. „Viele Kollegen stehen noch mit 70 oder 75 Jahren jeden Tag in der Apotheke, weil sie keinen Nachfolger finden“. Von einer Überalterung unter den Apothekeninhabern berichtet auch die ABDA.

Immer mehr junge Pharmazeuten entscheiden sich tatsächlich auch gegen eine Karriere in der Apotheke. In der Offizin bricht der Nachwuchs weg. Nach den Zahlen der ABDA hatten Ende 2016 62.948 Frauen und Männer eine Approbationsurkunde, 2006 waren es noch 55.452. Das entspricht einem Zuwachs von 13,5 Prozent. Besonders stark gestiegen ist aber die Zahl der Apotheker, die außerhalb von öffentlicher oder Klinikapotheke ihr Glück versuchen, nämlich in den vergangenen zehn Jahren um 3790, ein Plus von 56 Prozent. 10.518 Pharmazeuten arbeiten heute außerhalb einer Apotheke, ihr Anteil liegt nicht mehr bei 12, sondern bei 17 Prozent.

Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg verdeutlichen das generelle Nachwuchsproblem: „Im Bereich der Pharmazie zeigt sich ein Mangel an Apothekern“, so kürzlich eine Sprecherin der Abteilung Statistik und Arbeitsmarktberichterstattung, „gemeldete Stellen sind derzeit 134 Tage vakant.“ Damit liegt dieser Wert für Apotheker 41 Prozent höher als der Durchschnitt aller Berufe. Auf 100 freie Stellen kommen bundesweit 178 Arbeitslose. „Auch die berufsspezifische Arbeitslosenquote von 1,5 Prozent deutet auf einen Mangel hin“, sagt die Expertin der Arbeitsagentur.

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