BAK-Leitlinie zur Covid-19-Impfung Alexandra Negt, 01.02.2022 13:40 Uhr
Bislang haben sich Apotheken im Rahmen der Vorbereitungen auf die Corona-Schutzimpfungen primär an der Leitlinie der Bundesapothekerkammer (BAK) zu Grippeimpfungen orientiert. Nun hat die BAK die Leitlinie zur Durchführung von Covid-19-Schutzimpfungen in öffentlichen Apotheken veröffentlicht. Im dazugehörigen 20-seitigen Kommentar sind zahlreiche Punkte weiter ausgeführt. Fünf Aspekte stehen dabei im Fokus.
Natürlich dürfen nur die Apotheker:innen impfen, die sowohl die theoretischen, als auch praktischen Seminare erfolgreich absolviert haben. PTA dürfen lediglich bei der Vor- und Nachbereitung helfen. Das Aufklärungsgespräch muss von impfbefähigten Apotheker:innen durchgeführt werden.
Verwurf vermeiden
Durch Terminvereinbarungen könnten Verwürfe vermieden werden. Anders als bei anderen Impfstoffen können Corona-Impfstoffe aktuell nur in Mehrdosenbehältnissen bezogen werden. Insbesondere zu Beginn der Impfungen können Apotheken den Bedarf nur schwer abschätzen. Für die komplette Verwendung einer Durchstechflasche sollten die Termine in passenden zeitlichen Abständen zur Aufbrauchfrist des Vakzins vergeben werden. Laut Leitlinie wird empfohlen, dem Patienten das Aufklärungsmerkblatt, den Anamnesebogen und die Einwilligungserklärung (jeweils aktuellste RKI-Fassung) zur Vorbereitung auf das Aufklärungsgespräch zur Verfügung zu stellen. Hier eine Übersicht zu den einzelnen Impfstoffen.
Aufklärungsgespräch
Hierbei ist zu beachten, dass die Aufklärung nur dann als wirksam gewertet werden kann, wenn der/die Patient:in nach § 630e Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einwilligungsfähig ist. Hierbei spielt das Alter eine Rolle. Bei Impfungen von Kindern zwischen 12 und 17 Jahren muss der gesetzliche Vertreter – also die Eltern – aufgeklärt werden. Im Aufklärungsgespräch sollte aber nicht nur den Eltern die Impfung erläutert werden: Die Informationen sollten altersgerecht auch dem minderjährigen Impfling vermittelt werden.
Wichtig: Erscheint ein Kind mit nur einem Elternteil zur Impfung, so muss sich die Apotheke in der Einwilligungserklärung schriftlich bestätigen lassen, dass der Elternteil die alleinige Personensorgeberechtigung hat oder von dem anderen Elternteil zur Einwilligung ermächtigt ist. „Fehlt es an gegenteiligen Anhaltspunkten, darf auf die Wahrheitsgemäßheit der Angabe vertraut werden“, so der Wortlaut der Leitlinie.
Wer sollte zum Arzt verwiesen werden?
Laut Leitlinie sollten folgende Personengruppen nicht in der Apotheke gegen Covid-19 geimpft werden, sondern an einen Arzt/eine Ärztin verwiesen werden:
- Personen unter 12 Jahre
- vorliegende Positive Allergieanamnese
- allergische Reaktionen oder hohes Fieber nach einer früheren Impfung
- Thromboseentwicklung nach der ersten Impfung
- Patient:innen, die Antikoagulantien wie Phenprocoumon (Marcumar) einnehmen
- angeborene oder erworbene Immundefekte sowie stark immungeschwächte Patient:innen
- Schwangerschaft und Stillzeit
- OPs in den kommenden drei Folgetagen
- Umstände, die eine weitergehende ärztliche Beratung erfordern
- teilweise schwere chronische Erkrankungen
Notfallmaßnahmen
Um eventuelle Impfreaktionen besser beobachten zu können, sollte der/die Patient:in die Apotheke nicht umgehend nach der Injektion verlassen. Laut BAK-Leitlinie wird eine Nachbeobachtungszeit von 15 Minuten empfohlen. Bei einigen Vorerkrankungen kann eine längere Beobachtungszeit von 30 Minuten angebracht sein. In Impfzentren und Arztpraxen werden vor allem Personen mit antikoagulatorischer Therapie länger beobachtet. Diese Patientengruppe sollte generell nicht in der Apotheke geimpft werden (s.o.).
In seltenen Fällen kann es zu anaphylaktischen Reaktionen kommen. In diesen Situationen ist immer ein Notarzt zu rufen. In der Apotheke muss ein schriftlicher Notfallplan vorliegen, der alle Schritte enthält, die im Falle eines anaphylaktischen Schocks einzuleiten sind. In der Leitlinie heißt es: „Gemäß § 15 Abs. 1 ApBetrO ist in der Apotheke Epinephrin zur Injektion vorrätig zu halten. Die Dosierung beträgt bei Erwachsenen 0,3-0,5 ml der unverdünnten (1 mg/ml) Lösung intramuskulär.“ Um im Ernstfall schnellstmöglich handeln zu können, empfiehlt die Leitlinie die Vorratshaltung von zwei applikationsfertigen Epinephrin-Pens (beispielsweise EpiPen oder Fastjekt). Bei Bedarf kann die Applikation eines zweiten Pens erfolgen. Beim Eintreffen des Notarztes ist dieser über die bereits geleisteten Maßnahmen zu informieren.
Aufbereitung der Impfstoffe
Die Aufbereitung der Impfstoffe sollte sorgfältig erfolgen. Je nach Impfstoff kann eine vorherige Verdünnung notwendig sein. Auch das geforderte Applikationsvolumen unterscheidet sich, sodass es sich beim Umgang mit verschiedenen Vakzinen empfiehlt, eine Übersicht zur Aufbereitung zur Hand zu haben. Die Vials sollen erst kurz vor der Vorbereitung zur Applikation aus dem Kühlschrank genommen werden. Achtung: Je kälter die Impfstoffe, desto unangenehmer ist die Injektion für die Patient:innen. Zu allen Impfstoffen, die verabreicht werden, muss die jeweils aktuelle Fachinformation vorliegen. Für die Vorbereitung zur Applikation muss die Apotheke eine Standardarbeitsanweisung erstellen.
Die BAK-Leitlinie schreibt folgende Arbeitsmaterialien zur Vorbereitung der applikationsfertigen Spritzen vor:
- persönliche Schutzausrüstung: Sterile Einmalhandschuhe, Schutzkittel, Haube, Atemschutz Sterile Unterlage
- Desinfektion: Hautdesinfektionsmittel und Flächendesinfektionsmittel
- Impfzubehör: Kanülen, Spritzen, Kochsalzlösung 0,9 Prozent
- Kanülenabwurfbehälter
- aktuelle Fachinformationen
Dokumentation
Die Durchführung der Impfung muss im Impfpass des/der Patient:in dokumentiert werden. Auch Apotheken können, sollte der Impfpass nicht vorliegen, eine vorübergehend gültige Impfbescheinigung ausstellen. Sollte der/die Patient:in zu einem späteren Zeitpunkt mit dem gelben Impfpass zurück in die Apotheke kommen, so kann diese die Angaben der Impfbescheinigung in den Pass übertragen. Auch das digitale Impfzertifikat kann direkt erstellt werden.
Desweiteren muss eine Dokumentation in der Patientenakte erfolgen. So heißt es in der Leitlinie: „Die Apotheke ist gemäß § 630f BGB verpflichtet, schriftlich oder digital eine Patientenakte zu führen. Diese beinhaltet mindestens die folgenden vom Patienten unterschriebenen Dokumente: Anamnesebogen Einwilligungserklärung.“ Laut § 630f Abs. 3 BGB muss die Akte zehn Jahre lang aufbewahrt werden.