LSG: Rabattvertrag sticht Arzneimittelgesetz Julia Pradel, 02.04.2014 15:08 Uhr
Im Streit um die Impfstoffversorgung in Baden-Württemberg müssen sich die Apotheker vorerst der AOK geschlagen geben: Das Landessozialgericht (LSG) hat den einstweiligen Rechtsschutz für eine Apothekerin aus dem Kreis Böblingen aufgehoben. Damit müssen die Apotheker die Rabattverträge bedienen, auch wenn sie Zweifel an der Gültigkeit der Verordnung haben. Die Einsparungen für die Kasse wiegen laut Gericht nämlich mehr als die Risiken für die Apotheke.
In dem Fall geht es um die Impfstoffvereinbarung zwischen der AOK Baden-Württemberg und Ärzten: Die Kasse hatte 2012 Rabattverträge über sieben Standardimpfungen abgeschlossen, unter anderem zu Impfstoffen gegen Grippe, Windpocken, FSME und Meningokokken C. Die Ärzte wurden aufgefordert, entweder den jeweiligen Rabattimpfstoff oder produktneutral „Impfstoff gegen...“ zu verordnen.
Die Apotheker hatten sich – zunächst erfolgreich – gegen die produktneutrale Verordnungsweise gewehrt: Im Eilverfahren war das Sozialgericht Stuttgart (SG) zu der Einschätzung gekommen, dass durch die produkt- und wirkstoffneutrale Verordnung die Verantwortung über die Auswahl des Arzneimittels auf die Apotheker verlagert wird. Dies widerspreche aber den gesetzlichen Vorgaben nach AMG und Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV).
Gegen diese Entscheidung hatte die AOK Beschwerde eingelegt. Die Kasse argumentiert, dass über die Rabattverträge der jeweiligen Indikation der entsprechende Impfstoff eindeutig zuzuordnen ist. Die Apotheker sehen dagegen keinerlei Rechtsgrundlage.
Laut LSG gibt es ein überwiegendes Interesse an einer Stärkung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Umsatz der Apothekerin mit den betroffenen Impfstoffen falle im Verhältnis zu ihrem Gesamtumsatz nicht derart ins Gewicht, dass eine Existenzgefährdung drohe, heißt es.
In der vergangenen Woche wurde der einstweilige Rechtsschutz für die Apothekerin daher aufgehoben. Sie muss nun damit leben, für die Abgabe eines nicht rabattierten Impfstoffs retaxiert zu werden. Außerdem droht ihr das Risiko, wegen Abgabeverweigerung oder Verstoßes gegen AMG und AMVV belangt zu werden.
Die Apotheker haben damit noch weniger Klarheit als zuvor. Beim Apothekerverband sieht man die Entscheidung daher kritisch: „Wir können dem inhaltlich nicht folgen“, so ein Sprecher. In Stuttgart hofft man, dass die Ärzte bis zum Ende des Hauptsacheverfahrens weiterhin die Rabattimpfstoffe namentlich verordnen. Ansonsten rät man den Apotheken, sich in der Praxis rückzuversichern.
Mit der Entscheidung des LSG im Rücken hat die AOK bereits die nächste Ausschreibung über Standardimpfstoffe gestartet: Die Verträge über sieben Vakzine sollen nahtlos an die bestehenden Vereinbarungen anschließen.