Augenoperation: Apotheke hilft und wird retaxiert Carolin Ciulli, 07.08.2024 14:51 Uhr
Die Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln treibt Apothekenteams oft an ihre Grenzen. Ärgerlich wird es, wenn die Patientinnen oder Patienten versorgt werden und im Anschluss eine Retaxierung als Quittung kommt. Das ist gerade Silke Hans passiert, die sich über die AOK Rheinland/Hamburg ärgert.
Ende Mai kam eine Patientin in die Markt-Apotheke in Kleve. Die Frau sei zuvor in der Unfall-Augenklinik in Düsseldorf gewesen, also knapp 100 Kilometer entfernt. „Es war früher Abend, nach 18 Uhr“, erinnert sich Hans. Das Rezept über Floxal Edo Augentropfen N1 konnte die Apothekerin wegen eines Engpasses nicht beliefern. „Da zu diesem Zeitpunkt – und zum Teil auch heute noch – nahezu keine Augentropfen und Augensalben lieferbar waren, haben wir nach Rücksprache mit der Abteilung 30 x 0,5 Ofloxacin Ophthal abgegeben, also eine N2-Größe, um die Patientin versorgen zu können.“ Der Arzt sei nicht erreichbar gewesen.
Einspruch abgewiesen
Doch die Abgabe wurde retaxiert. Hans legte Einspuch ein, dem die AOK nicht folgt. Die Kasse bezieht sich auf § 4 Arzneilieferungsvertrag NW: „Die Leistungen haben den vertrags(zahn)ärztlichen Verordnungen zu entsprechen“, heißt es darin. Änderungen und Ergänzungen mit Blick auf Bezeichnung und Mengen dürften nur vom Arzt veranlasst und unterzeichnet werden. Die Ausnahmeverordnung während der Pandemie gelte nicht mehr.
Laut § 6 des Rahmenvertrag hätten die Apotheken „zahlreiche Heilungsmöglichkeiten“ vor der Abrechnung. „Eine Änderung der Menge zählt nicht dazu.“ Möglich wäre bei Nichtlieferbarkeit eine Teilmengen-Abgabe unter Dokumentation der Sonder-PZN gewesen, so die Kasse.
„Es ist eine Frechheit, wie Krankenkassen mit uns umgehen“, sagt die Apothekerin. „Was bitte ist DAS für ein Gebahren?“ Die Inhaberin fragt sich, ob sie die die Patientin nach Düsseldorf hätte zurückschicken sollen, um ein neues Rezept zu besorgen – frisch operiert. „Der Arzt selbst war für uns gar nicht erreichbar, eine Neuausstellung eines Rezeptes wäre vor Montag gar nicht möglich gewesen, und wer schonmal versucht hat, aus einem Krankenhaus ein nachträgliches Rezept zugeschickt zu bekommen, weiß wovon ich spreche.“ Und eine vorgeschlagene Teilmengenabgabe mit Sonder-PZN „hätten wir ja ewig nicht wieder ‚auffüllen‘ können, weil ja quasi nichts lieferbar war und ich froh war, überhaupt versorgen zu können“.
Inhaberin kündigt „Dienst nach Vorschrift“ an
Doch die Apothekerin weiß, dass sie in diesem Fall am kürzeren Hebel sitzt. „Mir geht es ums Prinzip, nicht um die 5,55 Euro. Trotz Versorgung der AOK-Patientin und lerne ich aus diesem Vorgang mal wieder schmerzlich: Dienst nach Vorschrift und keinerlei Abgabe außerhalb der Verschreibung oder Bemühungen, Patienten irgendwie zu helfen. „Das ist nicht gewollt. Meine Effizienzreserven sind auch lange aufgebraucht.“ Das nächste Mal werde sie in so einem Fall nicht weiterhelfen können.