Ist ein Arzneimittel in Deutschland nicht verfügbar, können Apotheken es unter bestimmten Umständen als Einzelimport beschaffen. Doch teilweise akzeptieren die Aufsichtsbehörden bei der Anwendung dieser Ausnahmevorschrift zentral zugelassene Arzneimittel nicht. Der Verband der Einzelimporteure internationaler Arzneimittel (VEIA) hat hierzu ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben und will jetzt öffentlich Druck auf restriktive Bundesländer ausüben.
Stein des Anstoßes ist der Lieferengpass bei Zoely von MSD Sharpe & Dohme. Die Verhütungspille ist seit Januar 2012 in Deutschland verfügbar und enthält das Östrogen 17-beta-Estradiol, das laut Hersteller „in dieser Form auch im weiblichen Körper vorkommt“. Derzeit ist das Produkt aber hierzulande defekt, ein Ausweichpräparat gibt es nicht.
Aus Sicht des VEIA ist das geradezu ein Musterfall für einen Einzelimport nach § 73 Abs. 3 Arzneimittelgesetz (AMG). Zum Import berechtigt sind Apotheken demnach, wenn es in Deutschland für das Indikationsgebiet kein vergleichbares Arzneimittel in Bezug auf Wirkstoff und Wirkstärke gibt. In Zeiten von Lieferengpässen darf das Bundesgesundheitsministerium (BMG) die zuständige Behörde ermächtigen, die Versorgungslücke über Importe zu schließen – auch wenn es in Deutschland ein zugelassenes Konkurrenzprodukt gibt.
Doch als der Einzelimporteur Ilapo für eine Apotheke in Nordrhein-Westfalen eine Packung Zoely importieren wollte, untersagte die Aufsicht dies mit Bezug auf die EU-weite Zulassung des Produkts. In diesem Fall greife § 73 Abs. 3 nicht, berichtet Sabine Fuchsberger-Paukert, die auch Vorsitzende des Verbands VEIA ist. Leider gebe es keine einheitliche Rechtsauffassung unter den Bundesländern. Ob man also die Verhütungspille Zoely über einen Einzelimport beziehen könne, hänge also vom jeweiligen Standort ab.
Das will der Verband nicht auf sich sitzen lassen, zumal nicht nur wie in diesem Fall die Pille, sondern auch Präparate wie Brintellix (Vortioxetin) betroffen sein könnten. Bei der Politik ist VEIA bislang mit diesem Ansinnen nicht durchgedrungen: „Seit fast einem Jahr versuchen wir mit dem BMG und den Länderbehörden zu klären, dass der § 73 Abs. 3 AMG der sicherste Weg wäre, die Versorgungslücke zu schließen”, so Fuchsberger-Paukert.
Der Verband hat dazu ein Rechtsgutachten erstellen und den zuständigen Behörden zukommen lassen. Doch bislang hätten sich die Länder nicht auf eine einheitliche Rechtsauffassung verständigt, das BMG wolle in dieser Frage offenbar keine Klarstellung. „Und damit wächst das Risiko, dass sich die betroffenen Frauen die Präparate auf dem Graumarkt oder illegal beschaffen“, so Fuchsberger-Paukert. „Die deutsche Kleinstaaterei blockiert also eine sichere Arzneimittelversorgung.”
Auch ein Appell an die damit befassten Bundestagsabgeordneten, im Rahmen der Beratung des Gesetzes für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) eine gesetzliche Klarstellung zu erreichen, sei von diesen nicht aufgegriffen worden, beklagt der VEIA. Ein Brief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) blieb ebenso folgenlos.
Jetzt will der Verband den Druck auf die Politik erhöhen: Von dem Lieferengpass betroffenen Patientinnen sollen sich an ihre Apotheke wenden, die dann mit Unterstützung eines Einzelimporteurs klären kann, ob der Bezug nach Ansicht der jeweils zuständigen Landesbehörde zulässig ist. „Wir werden die Ergebnisse auswerten und, falls notwendig, auch öffentlich machen, welche Bundesländer den Bezug blockieren“, so Frau Fuchsberger-Paukert. Während NRW den Import in diesem Fall verbiete, habe das Regierungspräsidium Darmstadt für Hessen grünes Licht gegeben.
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