ApoRetro – Der satirische Wochenrückblick

Auf CardLink folgt IrisScan: Einmal blinzeln für „bestellen“

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Berlin -

DocMorris hat es geschafft: Beim CardLink-Verfahren hat sich der Versender einen Vorsprung verschafft. Während in der Branche fast so etwas wie Goldgräberstimmung herrscht und die Dienstleister der Apotheken hektisch versichern, dass sie auch bald soweit sein werden, kommt schon die Folgelösung: IrisScan wird das nächste große Ding. Und auch hier wollen die Versender ganz vorne mitspielen – und tüfteln bereits fleißig an versteckten Features, die ihn einen Vorteil verschaffen.

Die Technik ist ausgeklügelt, sicher und die großen Smartphonehersteller sind längst im Rennen. Dank einschlägiger Krimi-Formate ist das Verfahren in der Bevölkerung im Groben sogar schon bekannt und wird mit High-End-Security gleichgesetzt. Optimal für das Maximum an Vertrauen, das es auch in Sachen E-Rezept braucht. Die Entwicklungen sind bereits seit einigen Jahren weit voran geschritten auf dem Gebiet, sodass ein Start der Technik auch für das E-Rezept schnell gelingen könnte.

Wie schnell die Gematik an entsprechenden Zulassungsverfahren arbeiten kann, zeigte bereits CardLink: Erstes konkretes Treffen dazu im Herbst und im darauffolgenden Frühling darf bereits der erste Versender damit loslegen. So schnell war man noch nie. Das hat sich DocMorris auch als Blaupause für IrisScan vorgenommen. Während sich gerade alle noch in CardLink vertiefen und so mancher Anbieter noch nicht mal weiß, auf welchen der vier Hersteller er setzen oder wie die Anwenderfläche aussehen soll, gibt es in Heerlen bereits konkrete Pläne für die neuere Technologie.

So läuft IrisScan

Und so soll das Verfahren technisch umgesetzt werden: Mit einem IrisScan-fähigen Smartphone kann man sich identifizieren und seine E-Rezepte aus dem Fachdienst holen. Kein SMS-Code oder ähnliches. Auge vor die Kamera und schon kann bestellt werden. Für Smartphones, die noch nicht entsprechend ausgerüstet sind, gibt es einfache Aufsätze. Und die Apotheken können bei der Gesida spezielle Laserpistolen bestellen, die sie ihren Kundinnen und Kunden in die Augen halten können. Aber das wird gar nicht nötig sein, denn bei IrisScan ist ein versteckter Clou eingebaut: Wer einmal blinzelt, schickt seine Bestellung sofort und ohne weitere Nachfragen nach Holland. So kann es passieren, dass das Rezept ruckzuck weg ist. Die hohen Erwartungen der Aktionäre können so endlich erfüllt werden.

Sicherheitsbedenken? Pah...

Wie schon bei CardLink und anderen Verfahren meldet die Apothekerschaft Bedenken an. Schließlich sind und bleiben biometrische Verfahren nicht ausreichend sicher, und die 1-Blinzel-Lösung hat man auch schnell durchschaut. Aber da hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit seiner 51-Prozent-Mehrheit schon wieder Fakten geschaffen. Was interessieren Bedenken in der Waagschale gegenüber Marktinteressen?

Erstmal CardLink bewältigen

Doch noch bleibt das Thema IrisScan etwas für (düstere) Zukunftsvisionen à la „Minority Report“. Dass das Verfahren gar nicht mal so sicher ist, hat der Chaos Computer Club (CCC) bereits 2017 bewiesen. Und obwohl die Technik bereits seit 2006 für den Markt verfügbar ist, hat sie sich bisher nicht in breiter Fläche durchgesetzt. Gute Chancen also für die Apothekerschaft, dass sich das nicht (auch noch) durchsetzt. Weniger Baustellen gibt’s dadurch trotzdem nicht.

Bei der Digitalmesse DMEA kamen in dieser Woche gleich alle wichtigen Player zusammen und diskutierten über CardLink und die vielen anderen Weihungen der Digitalisierung. Gesundheitsminister Karl Lauterbach kam auch vorbei, versicherte der Community, dass jedes seiner Gesetzesvorhaben eine Prise Digitalisierung enthalten würde. Dann machte er im Stechschritt noch einen Rundgang über die Messe: Zunächst schaute er bei Zollsoft vorbei, dem PVS-Anbieter, der es mit dem Thema Zuweisung jüngst nicht so genau nahm. Dann ging es zu den Großen der Branche, Siemens Healthineers, Oracle und Telekom. Während er vor den Konzernbossen aus den USA regelrecht auf die Knie vor Ehrfurcht ging, konnte er sich bei T-Systems mit dem ehemaligen BMG-Abteilungsleiter Dr. Gottfried Ludewig austauschen.

Zwar wurde der vierte E-Rezept-Einlöseweg speziell für die Versender entwickelt, aber auch für die Vor-Ort-Apotheke gibt es Chancen – und Anbieter, die hier anknüpfen. Was bisher fehlt: ein Überblick darüber, was da eigentlich kommt und eine fundierte Meinung innerhalb der Apothekerschaft. Abda und einzelne Verbände sprechen jedenfalls von großen Bedenken gegenüber CardLink, das standeseigene Unternehmen Gedisa mischt trotzdem fleißig mit.

Glaskugel mit trüben Aussichten

Wie der Markt am Ende aussehen wird, kann heute zumindest noch niemand sagen. Wie praktikabel das Ganze in Apps an die Patient:innen gebracht wird, auch noch nicht. Wie bei der ebenfalls nicht gleich direkt eingeführten Stecklösung wird es auch hier im Nachgang sicher Änderungswünsche geben oder eigene Lösungswege, wie der Bote, der nun mit mobilem Kartenterminal durchs badenwürttembergische Kirchheim fährt.

Spätestens wenn der Entwurf für die Apothekenreform tatsächlich kommt, rutscht CardLink sowieso erst einmal wieder in die Ferne – Vor-Ort-Apotheken können hier laut Branchenexperten sowieso erst im Sommer wirklich mitspielen. Man darf gespannt sein, ob das dann auch wieder – wie gerade erst bei den Ärzt:innen – zunächst von der Bild-Fachpresse aufbereitet wird.

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