Die Aussagen der Kassenärzt:innen über die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) und Kompetenzen der Apotheker:innen sorgen für Ärger in der Offizin. Auch Apothekerin Michaela Brühl will die Kritik nicht auf sich sitzen lassen. Die Äußerungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen seien „an Arroganz und Respektlosigkeit kaum zu überbieten“, sagt sie und verweist auf die gute Zusammenarbeit mit den Praxen vor Ort.
Brühl war als Vertretungsapothekerin und Trainerin in vielen Apotheken tätig. Mittlerweile steht die 54-Jährige am liebsten hinter dem HV-Tisch und berät ihre Kundschaft. „Ich bin gerne vorne. 80 Prozent der Arbeit entfällt auf die Beratung“, sagt sie. Die Apotheken böten dies an, ohne ein gesondertes Honorar in Rechnung zu stellen. Ihre Erfahrung zeigt, dass die Kundschaft die Beratung gerne annimmt und selbstständig mit Therapiefragen kommt, wenn die Apotheke einen Fokus daraufsetzt.
Dass der KV Hessen-Chef Frank Dastych die Apothekerleistung in Frage stellt und sogar zum Fehlersammeln aufruft, sei „kaum zu ertragen“. Denn auch in Apotheken kämen Arztfehler an, die fachlich auf einer Ebene mit den Praxen besprochen werden. „Geht es in erster Linie nicht darum, an einem Strang zu ziehen, was Verbesserung beziehungsweise Erhalt der Gesundheit der Patienten anbelangt?“
Erst kürzlich sei ein Einnahmefehler aufgefallen: Eine Ärztin habe das Teilen des Protonenpumpenhemmers Pantoprazol empfohlen. Die kleine Packungsgröße veranlasste die Apothekerin zum Nachfragen. Dabei sei herausgekommen, dass sie nach einer gewissen Zeit die Tabletten teilen sollte. „Dann werden sie aber keine Wirkung haben. Woher sollen die Ärzte das Wissen haben? Wir haben es.“ Brühl informierte die Kundin und die Praxis, die die Hinweise offen aufgenommen habe. „Wir haben ein gutes Verhältnis.“
Die pDL seien ein wichtiges Signal – insbesondere für den Nachwuchs, sagt Brühl. „Ich finde, es ist eine tolle Entwicklung und wir können zeigen, was wir können.“ Zudem sei es gut für Apotheker:innen, die nach dem Praktikum vielleicht frustriert seien, weil sie in der Apotheke ihr lang erlerntes Fachwissen nicht in dem Maße ausüben könnten. „Die pDL sind ein Anreiz für junge Leute.“
Auch abgesehen von dem neuen Vergütungsmodell werde jede Kund:in von Brühl ausgiebig beraten. „Manche wollen wissen, warum ich das alles frage, dann erkläre ich es“, sagt sie. Apotheken könnten sich ihre Kundschaft in Sachen Beratung erziehen. Das entlaste das ganze Team. „Viele kommen dann in die Apotheke, bevor sie zum Arzt gehen.“ Von den Tiraden der Kassenärzt:innen will sich Brühl nicht demotivieren lassen. „ich werde auch morgen wieder unseren Kunden mit Rat und Tat zu Seite stehen.“
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