Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker misslingt in den meisten Fällen. Dieses Fazit zog Professor Dr. Achim Baum von der Hochschule Osnabrück im Rahmen der Münsteraner Gesundheitsgespräche. Die Ergebnisse der Studie „Kommunikation an der Schnittstelle Arztpraxis/Apotheke“ zeigten deutlich, dass Ärzte und Apotheker noch immer ein schiefes Bild von den Interessen und dem Arbeitsalltag des jeweils anderen Berufes haben. Die Möglichkeiten, dies zu verbessern, seien jedoch da.
Baum und sein Team hatten 716 Apotheken per Fragebogen zu ihrem Kommunikationsverhalten mit den ärztlichen Kollegen befragt. Im Anschluss wurden neun Apotheker in Fokusrunden genauer zu bestimmten Fragestellungen befragt. Außerdem wurde mit zehn Ärzten leitfadengestützte Interviews durchgeführt.
Die Kommunikation laufe nach wie vor zum großen Teil auf Initiative der Apotheker, erläuterte Baum. Mehr als 90 Prozent der Befragten nähmen mehr als fünfmal pro Woche Kontakt mit einem oder mehreren Ärzten auf, bei zwei Dritteln sind es sogar zehn oder mehr Kontakte pro Woche. „Vor allem die Apotheker sind auf die Kooperation angewiesen“, so Baum. „Das liegt an der rechtlichen Lage.“ Das Risiko für die Abgabe von Arzneimitteln bei pharmazeutischen Bedenken trage der Apotheker. „Eine groteske Entwicklung“, findet Baum.
Die Anlässe der Kontaktaufnahme seien zum großen Teil administrativer Natur. Deutlich weniger gehe es um pharmazeutische Themen. Nur 4 Prozent der Kontakte hätten gemeinsame Projekte zum Anlass. Der weitaus größte Teil entfalle auf die Korrektur von fehlerhaften Rezepten. „Das birgt Konfliktpotenzial“, so Baum. „Die Apotheker werden von den Ärzten dadurch schnell als ungeliebte Nerver wahrgenommen. Außerdem entsteht dadurch eine Hierarchie, die eine partnerschaftliche Kooperation erschwert.“
Aufklärungsbedarf auf beiden Seiten sieht Baum auch, was die Wahrnehmung des jeweils anderen Heilberufes angehe: „Ärzte haben häufig Ressentiments gegenüber Apothekern. Sie wissen gar nicht um die umfangreiche pharmakologische Ausbildung im Pharmaziestudium und stellen den medizinischen Nutzen der Apotheker in Frage.“ Umgekehrt aber zeigten auch die Apotheker hohes Misstrauen in die pharmazeutischen Kenntnisse der Ärzte. Diese könnten beispielsweise die Relevanz von Interaktionen nicht richtig einschätzen.
Dabei sieht Baum keinen Grund für Kompetenzgerangel. „Es gibt zahlreiche Felder zur gegenseitigen Unterstützung, ohne die eigenen Kompetenzen zu beschränken. Diese sollten zunächst erst einmal ausgeschöpft werden.“ Als zweiten zentralen Punkt sieht er die klare Artikulation der eigenen Interessen. Wenn das Verständnis für den Alltag und das Wissen der Anderen vorhanden sei, könne ein Großteil der Probleme zwischen den Heilberuflern bereits im Vorfeld ausgeräumt werden.
Schließlich sieht Baum auch die Politik in der Pflicht. „Die Rahmenbedingungen müssen Arzt und Apotheker dazu veranlassen, ihre Kommunikation zu intensivieren“, so Baum. Das sei nicht die Diskussion um ein falsch ausgefülltes Rezept, sondern vielmehr die pharmakologische Auseinandersetzung mit der Medikation – im Sinne des Patienten. Dies sei auch im Hinblick auf die zunehmende Digitalisierung wichtig. „Das blinde Vertrauen der Patienten in die Heilberufe wird verschwinden“, warnt der Experte aus Osnabrück. Wenn dann von den beiden Heilberufen auch noch unterschiedliche Meinungen zur Behandlung geäußert würden, werde der Patient zusätzlich verunsichert – und suche stattdessen die Informationen an anderen Stellen wie dem Internet. „Beide Berufe sollten sich sehr fest an die Hand nehmen“, resümiert Baum. Nur dann könnten Arzt wie Apotheker ihren angestammten Platz im Gesundheitswesen bewahren.
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