Vertrauen ist nicht nur zwischen Apotheker und Kunde sowie Arzt und Patient unverzichtbar. Auch untereinander müssen Heilberufler Hand in Hand arbeiten und die Probleme des anderen verstehen. Apotheker Martin Hofmann will deshalb Aufklärungsarbeit leisten und vertrauensbildende Maßnahmen auf die Beine stellen. Vor Vertretern der Wiesbadener Ärzteschaft hat er deshalb erklärt, wo den Apothekern beim Thema Arzneimittelfälschungen der Schuh drückt.
Der Titel klingt fast wie der einer Diashow: „Fake Pharmaka – von Bottrop bis China – in Sachen Fälschungen um die Welt“. Aber Hofmann hat den Ärzten der Medizinischen Gesellschaft Wiesbaden in der vergangenen Woche nicht von seinen Privatreisen erzählt, sondern sie in die Welt von Re- und Parallelimporten, Arzneimittelfälschungen und -verunreinigungen sowie Securpharm eingeführt.
„Das war eine vertrauensbildende Maßnahme“, sagt Hofmann. Und sie scheint ihm nach eigener Einschätzung gelungen. Er habe bei den 30 anwesenden Ärzten einen Nerv getroffen, erklärt er. „Die waren sehr interessiert, wie das Apothekengeschäft funktioniert. Ich habe einen breiten Bogen von Fälschungen über Hehlerei bis hin zu Besonderheiten bei Generika geschlagen. Die Ärzte hatten aber vor allem bei Securpharm nur einen geringen Wissensstand.“ Also leistete Hofmann Aufklärungsarbeit und vermittelte seine Sicht auf die Arzneimittelsicherheit in Deutschland.
Eine seiner wichtigsten Botschaften: Mehr Zusammenarbeit statt mehr Überwachung. Es werde zu sehr auf Kontrolle und Regulierung gesetzt, ohne dass man dadurch große Skandale wie den um die Alte Apotheke in Bottrop hätte verhindern können. „Die richtigen Maßnahmen haben wir eigentlich schon“, sagt Hofmann. „Aber so wie es immer Kassierer geben wird, die in die Kasse greifen, lassen sich auch schwere Skandale nie vermeiden. Denn eine gewisse kriminelle Energie wird es immer geben. Und die braucht man, um so etwas zu machen.“
Die Politik verfalle bei der Kontrolle und Regulierung oft in Aktionismus und erreiche damit nicht viel, außer die Bürokratie zu fördern und das System letztlich undurchsichtiger zu machen. Mit dem bürokratischen Aufwand kennt sich Hofmann aus, seine Aukamm-Apotheke in Wiesbaden ist ein Großbetrieb mit 150 Mitarbeitern. Neben Zytostatika-Herstellung und Verblisterung versorgt sie noch 20 Krankenhäuser. Für die Klinikversorgung hat er ein eigenes Logistikzentrum und für die Sterilherstellung zwei Reinraumlabore.
„Wir treiben so ziemlich jede Sau durch‘s Dorf“, sagt er und muss lachen. „Wir haben permanent mit Graubereichprodukten zu tun.“ Seiner Verantwortung dabei sei er sich bewusst. So habe ihn, als es um den Zyto-Skandal in Bottrop ging, einer der anwesenden Ärzte provokant gefragt, ob das denn bei ihm auch passieren könnte. „Das habe ich verneint und auf unser QMS verwiesen. Wir arbeiten stets strikt nach dem Vier-Augen-Prinzip.“ Er wundere sich sowieso, dass der Fall in Bottrop so spät aufgeflogen ist. Und er sei sich absolut sicher: „Sowas wie in Bottrop könnte ich mit meinen Mitarbeitern sowieso niemals machen!“
Diesen menschlichen Faktor sehe man auch bei anderen Skandalen, Lunapharm beispielsweise wäre auch mit Securpharm möglich gewesen. Deshalb sehe er keinen zusätzlichen politischen Gestaltungsbedarf – vielmehr solle man beginnen, die jetzigen Möglichkeiten auszuschöpfen. „Ich denke, wir brauchen mehr solche vertrauensbildenden Maßnahmen – die können aber nicht so aussehen, wie sich das viele Überwachungsbehörden vorstellen.“ Stattdessen werde die Zusammenarbeit zwischen Apothekern und Ärzten auf Augenhöhe rasant an Bedeutung gewinnen, man denke nur an das Medikationsmanagement. „Wir müssen den Patienten in Zukunft engmaschiger führen“, erklärt Hofmann. „Es ist das Maß aller Dinge, dass wir die Ärzte dabei als Partner sehen.“
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