HIV-Medikamente

Arzneimittelfälschung in Apotheke aufgetaucht

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Zum ersten Mal ist in diesem Jahr in Deutschland eine Arzneimittelfälschung in der regulären Lieferkette aufgetaucht: In einer Apotheke in Delmenhorst wurde bereits vor zwei Monaten eine gefälschte Packung des HIV-Medikaments Combivir entdeckt. Der Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) rief daraufhin in der vergangenen Woche die komplette Charge zurück. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen legen nahe, dass illegal reimportierte Ware über einen Zwischenhändler in das Großhandelssortiment gelangte.

Am 16. Juni wandte sich die Apotheke mit einem pharmazeutischen Problem an den Hersteller sowie die zuständige Aufsichtsbehörde: Ein Kunde hatte reklamiert, dass seine Packung einen versiegelten Blister ohne Tabletten enthielt. Bei einer Vergleichsuntersuchung stellte GSK fest, dass sowohl Verpackung, Beipackzettel als auch Blister gefälscht waren.

Obwohl GSK damit nur ein einziger Fall bekannt war, ließ der Hersteller die komplette Charge vom Markt nehmen. Denn die aufgedruckte Chargennummer R343741 stimmte mit einer tatsächlich von GSK vergebenen Nummer überein. Die betroffenen Packungen, die zwischen Mai und Juni 2008 an deutsche Großhändler und Apotheken ausgeliefert wurden, sollten überprüft werden.

Unterdessen stellte die Staatsanwaltschaft Bremen bei Durchsuchungen in diversen Apotheken im Bremer Raum weitere gefälschte Packungen sicher - diesmal mit Inhalt. Bei einem Labortest stellte sich heraus, dass die Tabletten mit den Originalprodukten von GSK identisch sind. Die Ermittler vermuten daher, dass es sich um illegale Reimporte von subventionierten Produkten für den afrikanischen Markt handelt.


Im Fokus der Untersuchungen stand nun die Herkunft der gefälschten Ware. Der Frankfurter Großhändler Anzag hatte im Vorfeld Combivir an die Apotheke geliefert; unklar war jedoch zunächst, ob auch die betreffende Packung aus den Beständen der Anzag stammte. Wie andere Großhändler kauft auch die Anzag über ihre Logistiktochter CPL Ware nicht nur beim Hersteller, sondern auch bei zugelassenen Zwischenhändlern.

In diesem Zusammenhang folgten die Ermittler einer weiteren Spur, diesmal nach Sylt. Die Staatsanwaltschaft hatte einen Hinweis auf ein Geflecht von drei auf der Insel ansässigen Pharma-Vertriebsfirmen erhalten. Bei der Durchsuchung der Geschäftsräume wurden weitere gefälschte GSK-Präparate sichergestellt: Neben gefälschtem Combivir gab es Plagiate der HIV-Medikamente Epivir und Trizivir, die offenbar über Antwerpen nach Deutschland eingeführt worden waren.

Für die Bremer Ermittler ist der Fall damit weitgehend abgeschlossen; in den kommenden Wochen soll das Verfahren an die Kollegen in Flensburg abgegeben werden. Das prinzipielle Problem bleibt: Der grenzübergreifende Handel mit so genannter vagabundierender Ware gilt unter Kritikern als Haupteinfallstor für Fälschungen. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes sind seit 1996 in der legalen Verteilerkette 38 Fälle aufgetaucht: meist Packungsfälschungen mit verschobener Ware aus Afrika oder Osteuropa.

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