Arbeitsmarkt

„Es wird immer schwieriger, Approbierte zu finden“

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Berlin -

Es ist mal wieder so weit: Weil Ende Juli eine Apothekerin seine Apotheke verlässt, sucht Uwe Hansmann Ersatz. Doch wie viele seiner Kollegen fällt es dem Apotheker schwer, einen neuen Kollegen zu finden: „Es gibt zu wenig Approbierte und viele scheuen den Weg in die Apotheke“, so Hansmanns Erfahrung. Und das trotz übertariflicher Bezahlung und anderer Vorteile.

„Die politische Lage der Apotheken wirkt nicht gerade einladend“, sucht Hansmann nach Gründen für die Misere. Seitdem auch noch die FDP den Apotheken in den Rücken falle, sei die Außendarstellung noch schwieriger geworden. „Das wirkt auf Pharmaziestudenten doch abschreckend“, so Hansmann, „die gehen dann lieber in die Industrie.“ An den pharmazeutischen Fakultäten werde schon gezielt vom Weg in die Apotheke vor Ort abgeraten.

Die Apotheken von Hansmann liegen nordöstlich von Bremen in ländlicher Umgebung, aber der Weg in die Stadt ist nicht weit. Seit Wochen sucht Hansmann ohne Erfolg Ersatz für eine angestellte Apothekerin, die aus Bosnien zu ihm kam. „Ich zahle über Tarif auch für Nachtdienste“, so Hansmann. Der Apotheker bietet Zuschüsse zu Kindergartenbeiträgen, es gibt Tankkarten und sogar Firmenwagen. Auch bei der Wohnungssuche ist Hansmann behilflich. Doch die Zahl der ernsthaften Bewerbungen ist spärlich.

Kommt es dann zum Vorstellungsgespräch, spielt häufig der Nachtdienst eine kontroverse Rolle: „Viele wollen keinen Nachtdienst leisten oder nur selten. Damit kann ich nicht planen in meinen vier Apotheken“, so Hansmann. Andere wollten nur Teilzeit arbeiten und schon gar keine Filialleitung übernehmen. Hansmann: „Sie scheuen die Verantwortung und die 40 Stunden-Woche. Die Work-Life-Balance hat heute eine viel größere Bedeutung gewonnen“.

Dabei sei die Arbeit in der Apotheke doch gerade für Frauen interessant. Seit Jahrzehnten würden Frauen und Männer anders als in vielen anderen Branchen bereits gleich bezahlt: „Equal Pay ist bei uns doch kein Thema.“ Es sind offenbar die Arbeitsbelastungen, die junge Pharmazeuten in die Industrie abwandern lassen.

Sorgen bereitet Hansmann daher schon jetzt die Suche nach einem Nachfolger: In drei Jahren will sich der heute 57-Jährige zumindest teilweise aus seinen vier Apotheken und seinen beiden Parfümerien zurückziehen. Schließlich ist Hansmann auch noch im Beratungsgeschäft aktiv. Aber auch hier stößt er auf wenig Bereitschaft. Der angestellten Apothekerin hat er bereits die Nachfolge angeboten. Sie hat abgewunken.

Mit Headhuntern hat Hansmann es auch schon versucht und keine positiven Erfahrungen gemacht. Jetzt sucht der Apotheker über die Jobbörse der Kammer und über Jobbörsen im Internet sowie über die lokale Presse. Er gibt die Hoffnung nicht auf: „Irgendwie habe ich dann immer einen Approbierten gefunden. Aber es wird immer schwieriger.“

Die aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg belegen Hansmanns Probleme: „Im Bereich der Pharmazie zeigt sich ein Mangel an Apothekern“, so kürzlich eine Sprecherin der Abteilung Statistik und Arbeitsmarktberichterstattung, „gemeldete Stellen sind derzeit 134 Tage vakant.“ Damit liegt dieser Wert für Apotheker 41 Prozent höher als der Durchschnitt aller Berufe. Auf 100 freie Stellen kommen bundesweit 178 Arbeitslose. „Auch die berufsspezifische Arbeitslosenquote von 1,5 Prozent deutet auf einen Mangel hin“, sagt die Expertin der Arbeitsagentur. Etwas erfreulicher ist die Lage bei PTA, die Vakanzzeit lag 2016 bei 95 Tagen, das entspricht dem Durchschnitt aller gemeldeten Stellen.

Immer mehr junge Pharmazeuten entscheiden sich tatsächlich auch gegen eine Karriere in der Apotheke. In der Offizin bricht der Nachwuchs weg. Vor allem bei den Inhabern droht eine Überalterung, so die Zahlen der ABDA. Ende 2016 hatten 62.948 Frauen und Männer eine Approbationsurkunde, 2006 waren es noch 55.452. Das entspricht einem Zuwachs von 13,5 Prozent. Besonders stark gestiegen ist aber die Zahl der Apotheker, die außerhalb von öffentlicher oder Klinikapotheke ihr Glück versuchen, nämlich in den vergangenen zehn Jahren um 3790, ein Plus von 56 Prozent. 10.518 Pharmazeuten arbeiten heute außerhalb einer Apotheke, ihr Anteil liegt nicht mehr bei 12, sondern bei 17 Prozent.

Vor allem bei den Pharmafirmen sind Apotheker mittlerweile willkommene Kollegen: 6136 Approbierte arbeiten in der Industrie, das sind 10 Prozent. Seit 2010 sind 1731 Pharmazeuten in diesem Bereich dazugekommen, ein Plus von 39 Prozent.

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