Approbationsentzug

Kein Berufsverbot wegen BtM-Verstoß

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Berlin -

Ein Apotheker aus Bayern darf seine Approbation behalten, obwohl er mehrfach L-Polamidon an Dritte abgegeben hat. Das Verwaltungsgericht Bayreuth (VG) gab seiner Klage gegen den Approbationsentzug durch die Regierung Oberfranken statt. Aus den Gesamtumständen ergebe sich weder seine Unwürdigkeit noch seine Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Apothekerberufs, so die Richter.

Eine langjährige Substitutionspatientin war an einem Tag im August 2013 nicht selbst in der Apotheke erschienen, sondern hatte das Rezept vom Sohn ihrer Lebensgefährtin – ebenfalls eine Substitutionspatientin in der Apotheke – einlösen lassen. Der Apotheker hatte 6 ml L-Polamidon abgegeben, obwohl auf dem Rezept vermerkt war, dass die Abgabe nur persönlich an die Patientin und nur zur sofortigen Einnahme in der Apotheke gestattet war. Im Dezember wurde gegen ihn rechtskräftig eine Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen verhängt.

Doch es gab weitere Fälle: Im März 2014 wurde der Apotheker verklagt, weil er im Mai 2013 zwei Fläschchen L-Polamidon abgegeben hatte, diesmal an die andere Patientin auf Rezept für ihre Lebenspartnerin. Im November 2013 soll er drei weiteren Patienten Suboxone mitgegeben haben, obwohl auch hier die Einnahme in der Apotheke auf dem Rezept vorgesehen war.

Im März 2014 gab es eine amtliche Kontrolle des Betäubungsmittelbestandes in der Apotheke. Dem Apotheker wurde aufgegeben, dem Gesundheitsamt seinen Bestand an Suboxone nachzuweisen, BtM-Rezepte nachzuerfassen und den Bestand an Methadon und L-Polamidon zu ermitteln und täglich fortzuführen sowie die zubereiteten Tagesdosen von Substitutionsmitteln zu sichern.

Die Regierung Oberfranken entzog dem Apotheker im April 2014 nach einer Anhörung die Approbation. Die Behörde befürchtete für die Zukunft weitere Verstöße und glaubte nicht an die Zuverlässigkeit des Apothekers, da dieser trotz früherer berufsbezogener Verurteilungen erneut negativ aufgefallen sei.

Bereits im Jahr 2006 hatte es einen rechtskräftigen Strafbefehl gegen den Apotheker gegeben. Damals hatte er nicht das verordnete Medikament, sondern eine Packung mit 2½-facher Wirkstärke abgegeben. Die Regierung Oberfranken hatte dies seinerzeit als Verstoß im Kernbereich der beruflichen Pflichten des Apothekers moniert und im Wiederholungsfall approbationsrechtliche Maßnahmen angekündigt.

Trotz dieser Verurteilung habe es weitere polizeiliche Ermittlungen im August 2013 sowie eine möglicherweise wiederum strafbare Abgabe von Drogenersatzstoffen im November desselben Jahres gegeben, so die Behörde. Es gebe daher hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Apotheker für die pflichtbewusste Ausübung seines Berufs nicht geeignet sei. Insbesondere bei der Abgabe von BtM lasse er seine berufliche Verpflichtung außer Acht und handele auch nicht immer im Einklang mit den ärztlichen Behanslungsvorgaben.

Der Apotheker klagte im April 2014 gegen den Bescheid. Die Verurteilung im Jahr 2006 habe mit jeweils 30 Tagessätzen knapp über der Einstellungsgrenze gelegen. Zuvor habe er seinen Beruf seit 1988 beanstandungsfrei ausgeübt. Die neue Anklageschrift spiele bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung keine Rolle. Zudem seien künftige Verstöße dieser Art auszuschließen, weil er die Abagbe von Suboxone eingestellt habe.

Die Regierung Oberfranken hatte im Verfahren noch ein Urteil des Amtsgerichts Coburg aus dem Oktober 2014 nachgereicht, womit der Apotheker zu 30 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt wurde – wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von BtM.

Das VG Bayreuth gab dem Apotheker in dem jetzt begründeten Urteil aus dem Oktober 2015 recht. Weil ein Approbationsentzug besonders schwer in die grundgesetzlich geschützt Berufsfreiheit eingreife, seien die Hürden dafür auch besonders hoch. Es müssten „gravierende Verfehlungen“ vorliegen, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand nachhaltig erschüttern könnten. Dabei komme es immer auf den Einzelfall an, entscheidend sei jeweils die Art der Straftat, das Ausmaß der Schuld und den Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit. Die gesamte Persönlichkeit des Apothekers und seiner Lebensumstände sei zu würdigen.

Beim Apotheker lagen die Voraussetzungen für einen Approbationsentzug laut dem VG nicht vor. Er habe in der mündlichen Verhandlung glaubhaft die Gesamtumstände geschildert. Die beiden Substitutionspatientinnen waren dem Apotheker demnach seit Jahren als absolut zuverlässig bekannt. Er kannte auch den Sohn. Der Abholer habe zudem eine Krankschreibung vorgelegt, aus der hervorging, dass die Patientin nicht wie vorgesehen selbst zur Einnahme in der Apotheke erscheinen konnte. In einem anderen Fall hatte er sich selbst beim Hausarzt erkundigt.

Der Apotheker habe nicht „leichtfertig und bedenkenlos Drogenersatzstoffe an diesen und jenen herausgegeben“, heißt es im Urteil. Ein Verstoß gegen das BtM-Gesetz bleibe bestehen, angesichts der besonderen Sorgfalt des Apothekers sei das Verhalten aber nicht geeignet, das Vertrauen in den Berufsstand nachhaltig zu erschüttern. Zudem habe der Apotheker bereits im Anhörungsschreiben angekündigt, die Abgabe von Suboxone einzustellen.

Den aktuellsten Fall konnte die Behörde laut Gericht bei ihrer Beurteilung nicht mit einbeziehen – auch wenn diese möglicherweise eine Berufsunwürdigkeit gerechtfertigt hätte. Aber ohne Verurteilung sei dies dem Approbationsentzug nicht zugrunde zu legen. Jedenfalls sei die Schlussfolgerung, der Apotheker verstoße immer wieder gegen seine Berufspflichten, nicht gerechtfertigt: Er habe seit 2006 beanstandungsfrei gearbeitet, der Fall aus dem Jahr 2013 sei ein spezieller Sachverhalt. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

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