Grippeimpfstoff ist vielerorts Mangelware, doch einfach austauschen dürfen Apotheken nicht. Darauf weist der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) seine Mitglieder hin.
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) hat die Ärzte darüber informiert, dass sie auch Personen unter 60 Jahren ohne erhöhte gesundheitliche Gefährdung gegen Grippe impfen dürfen. Vereinbarungen zu entsprechenden Satzungsleistungen wurden demnach mit der AOK Rheinland/Hamburg, Barmer, DAK-Gesundheit, KKH, TK sowie verschiedenen Betriebskrankenkassen geschlossen.
Auch hier können demnach 7,95 Euro abgerechnet werden, allerdings darf der Impfstoff nicht über Sprechstundenbedarf bezogen werden. Vielmehr ist laut KV eine Einzelverordnung auf den Namen des Patienten zulasten der jeweiligen Krankenkasse auszustellen; die Zuzahlung für den Versicherten entfällt.
Die Apotheken dürfen solche Rezepte also beliefern, eine Prüfpflicht gibt es laut AVNR nicht. Allerdings weist der Verband die Apotheken darauf hin, dass in diesen Fällen der Grippeimpfstoff namentlich verordnet wird und dass ein Austausch bei Nichtverfügbarkeit nur nach Rezeptänderung erfolgen darf.
Bei den Apotheken stößt diese Regelung auf Unverständnis: Nicht nur, dass der Impfstoff derzeit ohnehin nur schwer zu bekommen sei, müssten sich die Apotheken nun auch noch mit Änderungen der Rezepte durch die ohnehin überlasteten und überfüllten Praxen befassen. „Dem Arzt ist es meist egal, welchen Impfstoff er verabreicht. Hauptsache, er bekommt einen Impfstoff.“
Laut Sars-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung dürfen Apotheken bei Lieferengpässen eigentlich auch von der Packungsgröße abweichen. Doch das Auseinzeln aus einer Großpackung ist laut AVNR bei Grippeimpfstoffen nicht ohne Weiteres möglich: „Sollten Sie zu Lasten der GKV einzelne Impfstoffe aus den Großpackungen auseinzeln wollen, benötigen Sie generell eine Preisvereinbarung mit der jeweiligen Kasse.“ Umgekehrt dürften Einzeldosen grundsätzlich nicht als Sprechstundenbedarf abgerechnet werden. Hierzu stehe man in Austausch mit den Kassen, so der AVNR.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war wegen der Engpässe unter Beschuss geraten. Er hatte eingeräumt, dass es lokal und zeitlich zu Lieferengpässen kommen könne. „Das heißt aber nicht, dass wir Versorgungsengpässe bei diesem Grippeimpfstoff haben.“ Seitdem steht er unter Beschuss: Während sein Ministerium mit Plakaten für die Grippeimpfung wirbt, müssen Ärzte und Apotheker die Patienten vertrösten.
Laut einer aposcope-Umfrage haben derzeit knapp drei von vier Apotheken (72 Prozent) keinen Impfstoff für Arztpraxen vorrätig, bei den Einzeldosen sind es 63 Prozent. Dabei haben 86 Prozent aktuell bereits Nachbestellungen von den Praxen erhalten. 17 Prozent haben zusätzliche Ware geordert und auch erhalten, weitere 64 Prozent warten noch auf Auslieferung ihrer Nachbestellungen. Bei 12 Prozent wurden die Bestellungen storniert, nur 6 Prozent haben bislang keine zusätzlichen Dosen geordert.
Derweil hat das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) noch einmal 1,3 Millionen Dosen freigegeben, sodass insgesamt 20,4 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. Ab November soll auch die Reserve des Bundes mit insgesamt sechs Millionen Dosen ausgeliefert werden.
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