Viele Apothekenmitarbeiter wissen derzeit nicht, wie sie Beruf und Familie unter eine Hut bringen sollen. Es mangelt an Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, weil auch Oma und Opa wegen des Corona-Risikos als Betreuungspersonen ausfallen. In Hessen wandte sich jetzt ein Apothekerpaar mit einem Hilferuf an die Landesregierung. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert als Lösung, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf die Kinderbetreuung zu Hause auszuweiten. Die Bundesregierung will nächste Woche dazu Maßnahmen beschließen.
Der Hessische Apothekerverband macht den Hilferuf eines betroffenen Apothekerpaares publik: „Mein Mann und ich sind beide Apotheker und arbeiten täglich auf Hochtouren, auch die geforderte Mehrarbeit unserer Arbeitgeber verstehen wir in der aktuellen Situation und wollen für die Gesellschaft da sein. Allerdings haben wir eine 4-jährige Tochter, mit der wir nächste Woche ein großes Problem der Betreuung haben! Diese Woche hatten wir ja glücklicherweise die Lösung, dass der Kindergarten für sie weiterhin geöffnet hat, sodass mein Mann und ich unserer Arbeit nachkommen können.“
Nun habe man aber von der Diakonie in Frankfurt erfahren, dass mehrere Kitas ab nächster Woche zusammengefasst werden müssten. „Das halten wir für einen großen Fehler und ein riesiges Problem! Wir können keine neue Eingewöhnung für unser Kind machen, da wir täglich in der Apotheke gebraucht werden“, so die Eltern Aline Rühtz und Sebastian Wagner. Auch die Großeltern dürften aus bekannten Gründen nicht mit einbezogen werden.
„Und zu guter Letzt: Das ergibt doch keinen Sinn, dass wir systemrelevanten Berufsgruppen unsere Kinder alle gesammelt wieder in eine große Gruppe von Kindern bringen müssen und damit für uns und unsere Kollegen die Gefahr der Verbreitung in den wichtigen Berufsgruppen deutlich erhöhen. Wir bitten Sie inständig das zu prüfen und Einfluss zu nehmen. Wir können als Gesellschaft nur funktionieren, wenn unsere Kinder weiterhin in Kleingruppen in den bisherigen Kindergärten betreut werden können. Bitte tun Sie etwas für uns!“, so der Hilferuf an die Hessische Landesregierung.
Bei einer aposcope-Umfrage gab am Montag jeder zehnte Teilnehmer aus den Apotheken an, dass Kollegen mit Kindern derzeit zu Hause bleiben dürfen – und dafür keinen unbezahlten Urlaub nehmen müssen. Und in 6 Prozent der Fälle darf der Nachwuchs sogar mit in die Offizin gebracht werden. 17 Prozent der Befragten haben „noch keine Ahnung“, wie die Kinderbetreuung bei ihnen im Betrieb organisiert wird. Die meisten Teilnehmer (47 Prozent) geben an, dass die Schließung von Kitas und Schulen zwar ein Einschnitt, aber darstellbar ist. Allerdings sieht auch genau jeder fünfte Befragte „massive Einschnitte“ in den Betriebsabläufen. Umso wichtiger wäre es für betroffene Apotheker und PTA, im Einzelfall Anrecht auf eine Notfallbetreuung zu bekommen.
Eltern, die sich wegen geschlossener Schulen und Kitas daheim um ihren Nachwuchs kümmern und nicht zur Arbeit gehen können, müssten stärker unterstützt werden, sagte Niedersachsens DGB-Landeschef Mehrdad Payandeh: „Familien sind derzeit besonders belastet. Ihnen drohen wegen Schul- und Kitaschließungen erhebliche Einkommensausfälle. Ein Krisenelterngeld, das der Bund mit Steuermitteln finanziert, wäre eine gute Lösung.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatten am Mittwoch mit den Sozialpartnern über Wege beraten, wie Arbeitnehmer bei Kurzarbeit oder nötiger häuslicher Kinderbetreuung vor großen Lohneinbußen geschützt werden können. Voraussichtlich am Montag wird das Bundeskabinett ein Gesetz dazu beschließen, das im Fall von Schul- und Kitaschließungen den Arbeitgebern gestattet, Lohnfortzahlungen auszuweiten. Die Firmen sollen sich das Geld dann später vom Staat zurückholen können.
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