Aus der Offizin zur Armee

Apothekerin wird Reserveoffizier – und dabei vom Fernsehen begleitet

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Berlin -

Auch wenn man seinen Job liebt, holt einen irgendwann der Alltag ein. So erging es zumindest Pharmazeutin Alexa Schnölzer: Nach 15 Jahren in der väterlichen Apotheke suchte sie deshalb eine neue Herausforderung – und fand sie bei der Bundeswehr. Die 38-Jährige hat sich zur Reserveoffizierin ausbilden lassen und zehn Monate im Bundeswehrkrankenhaus Berlin ihren Dienst getan. Der SWR wurde auf ihren Weg aufmerksam und widmete ihr eine Fernsehreportage.

Beim Begriff Reservist denken wohl die meisten an ehemalige Wehrdienstleistende, die im Kriegsfall wieder eingezogen werden sollen. Doch diese Vorstellung ist mittlerweile weit überholt. Heutzutage haben viele, die sich als Reservisten verpflichten, zuvor überhaupt nicht gedient. Alexa Schnölzer zum Beispiel: Für sie war der Dienst bei der Truppe ein Sprung ins kalte Wasser. „Gerade zu Beginn meiner Ausbildung an der Sanitätsakademie war es sehr ungewohnt für mich, sich im militärischen Umfeld zurechtzufinden“, sagt sie. Doch genau das war es, was sie wollte: einen Tapetenwechsel. „Ich fand die Idee sehr interessant, weil mir mein Alltag in der öffentlichen Apotheke zu eintönig wurde und ich etwas Neues kennenlernen wollte.“

Auf die Bundeswehr wurde sie dabei nicht nur durch deren Werbekampagnen aufmerksam, sondern auch durch ihren Vater Hubert Schnölzer. Der 74-Jährige, der auch heute noch neben seiner Tochter täglich in seiner Residenz-Apotheke steht, hat in den Siebzigerjahren selbst als Reserveoffizier gedient. Also wandte sie sich 2018 an das Kommando Sanitätsdienst in Koblenz. Dort gibt es ein eigenes Referat, das sich mit der Rekrutierung neuer Reservisten für den medizinischen Dienst befasst und dabei auch auf Ungediente ein Auge geworfen hat. Denn pharmazeutische Fachkräfte sind nicht nur in der freien Wirtschaft Mangelware, sondern werden auch bei der Bundeswehr händeringend gesucht.

Die will es deshalb vor allem Apothekern, PTA, PKA, aber auch Ärzten und anderem medizinischen Personal besonders leicht machen, sich bei der Truppe zu engagieren. Dazu wurde in den letzten Jahren die Möglichkeiten, Reservedienst zu leisten, bedeutend flexibler gestaltet, mittlerweile ist das unter bestimmten Umständen sogar in Teilzeit möglich. Dabei geht es nicht nur um den Fachkräftemangel, sondern auch um Imagearbeit für die Truppe – die bekanntlich in der Bevölkerung oft einen schwierigen Stand hat.

Zum Vorteil gereicht akademischen Heilberuflern dabei auch, dass sie für ihre Verwendung im Sanitätsfachdienst keine komplette Truppenausbildung benötigen. Während ein Reservist, der beispielsweise als Hauptmann eine Kompanie führt, eine komplette Grundausbildung absolvieren muss, reicht bei Apothekern & Co. eine sogenannte Modulausbildung. Die besteht aus drei Modulen von je einer Woche Dauer, die nicht an einem Stück absolviert werden müssen. Und mit Gefechtsübung, Biwak und Brachialsport haben sie auch wenig gemein – dafür eher mit einem Crashkurs in Wehrkunde und Recht. Ist der vorüber, müssen sie dafür aber umgehend eine Menge Verantwortung übernehmen.

Wie Schnölzer: Sie trat ihre „Reservedienstleistung“, wie Wehrübungen mittlerweile heißen, Monate nach der Modulausbildung im Bundeswehrkrankenhaus Berlin an – und blieb gleich für zehn Monate, die maximale Dauer, die man pro Jahr als Reservist dienen darf. Ein Sprung ins kalte Wasser war auch das, und zwar gleich in zweifacher Hinsicht: zum einen natürlich wegen des militärischen Umfelds, zum anderen, weil sie vorher keine Erfahrung in einer Krankenhausapotheke hatte. „Es ist schon ungewohnt, wenn man plötzlich als Frau Stabsapotheker angesprochen wird und nicht mehr Frau Schnölzer ist wie im zivilen Leben.“

Doch auch die Arbeit unterscheidet sich in einem Bundeswehrkrankenhaus maßgeblich von der Vor-Ort-Apotheke. „Das fängt schon mal damit an, dass man dort wenig Kundenkontakt hat. Ich habe viele administrative Aufgaben im Büro erledigt, zum Beispiel Anfragen verschiedener Stationen zur Medikation oder Wechselwirkungen beantwortet, Verantwortung für die BtM übernommen und auf den Stationen die Arzneimittellagerung und Dokumentation überwacht“, erklärt Schnölzer. „Für mich war vieles Neuland, es sind ganz andere Abläufe und ganz andere Größenordnungen als man es aus der Apotheke gewohnt ist.“ So musste sie erst einmal lernen, wie das Arzneimittellager im Bundeswehrkrankenhaus funktioniert. Das ist nämlich auf mehre Gebäude und Ebenen verteilt, auf denen man sich mittels Koordinaten orientieren muss.

Dabei schaute ihr regelmäßig ein Kamerateam über die Schulter. Der Kontakt war über einen der Mitarbeiter in Koblenz zustande gekommen, der Schnölzer an das Fernsehteam vermittelte. Und das wollte offenbar etwas mehr zeigen als nur die Krankenhausapotheke. So kam es, dass sich Schnölzer im Februar beim Ausbildungsregiment in Rennerod wiederfand, wo sie für die Kamera einen Tag an einer Übung teilnahm. Auch nach Wilhelmshafen verschlug es sie so, wo sie dem Fernsehteam die Arzneimittelversorgung auf einem Marineschiff zeigte. Die 30-minütige Dokumentation wird am 27. Januar im SWR ausgestrahlt.

Zurück im Krankenhaus musste Schnölzer wie viele andere Reservisten auch ungewohnt viel Verantwortung übernehmen. Sie wurde stellvertrende Leiterin der Nachschubgruppe, die für Arzneimittellieferungen zuständig ist und neben dem Krankenhaus auch Dienststellen auf der ganzen Welt bedient. Wenn ihre Vorgesetzte nicht da war, hatte sie das Kommando über mehr als 50 Untergebene. Das hat sie gefordert, aber nicht überfordert.

Und Schnölzer hat Blut geleckt, es war nicht ihr letzter Einsatz. Im Dezember hatte sie ihren letzten Tag in Berlin, im Februar schon will sie die nächste Reservediensleistung antreten, erneut in Berlin. Dieses mal zwar ohne Fernsehen, dafür aber wahrscheinlich mit einem Abstecher nach Hamburg. Dort will sie den Stabsoffizierfortbildungslehrgang absolvieren, der sie befähigt, Oberstabsapothekerin – äquivalent zum Major – zu werden. „Ich möchte mich auch weiterhin aktiv in der Reserve engagieren, um zusätzlich meine zweite Karriere als Apothekerin in der Bundeswehr voranzubringen“, sagt sie.

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