Die Apotheken Umschau hat mit My Life seit Langem mal wieder einen ernstzunehmenden Mitbewerber. Und der Konkurrenzkampf zwischen dem Wort & Bild Verlag und Noweda/Burda wird durchaus mit zunehmender Schärfe geführt. Öffentlich schlagen die Nebenbuhler aufeinander ein und wegen der Veröffentlichung von Umfrageergebnissen wurden auch schon Anwälte aktiv. In der Offizin hat eine Apothekerin beide Magazine gegeneinander getestet.
Im Rahmen des Zukunftspakts Apotheke hat der Großhändler Noweda zusammen mit dem Medienkonzern Burda im April My Life auf den Markt gebracht. Mit einer Auflage von monatlich 2,3 Millionen liegt das neue Heft zwar noch deutlich hinter dem Marktführer Apotheken Umschau (8,9 Millionen). Doch schon im ersten Quartal soll die Auflage zum zweiten Mal erhöht werden. Aus dem Stand Nummer 2 im Markt, will Burda jetzt den Abstand zum Mitbewerber aus Baierbrunn verkürzen. Der ist allerdings keineswegs untätig, hat sich ebenfalls eine Frischekur verpasst und sich zur Expopharm in verjüngter Aufmachung präsentiert.
Natürlich trommeln beiden Verlage bei den Apothekern, letztlich müssen aber vor allem die Leser überzeugt werden. Beide Anbieter haben deshalb auch ihre Leser befragt. Der Wort & Bild Verlag hat dabei zum Beispiel herausgefunden, dass sich rund 90 Prozent besonders für Prävention interessieren. Entsprechend soll solchen Themen im überarbeiteten Heft mehr Platz eingeräumt werden. Nicht weniger als 22.500 Leser wurden befragt und daraus 16 Personas abgeleitet, die künftig noch gezielter angesprochen werden sollen. Eine bislang vernachlässigte Zielgruppe: Männer.
My Life hatte der ersten Juli-Ausgabe einen Fragebogen beigelegt, außerdem konnten die Nutzer online abstimmen. In drei Wochen wurden so 2188 Antworten gesammelt. Bei der Auswertung arbeitet sich My Life auffällig an der Apotheken Umschau ab – ein Verhalten, dass man auch in anderen Branchen mit solchen Kräfteverhältnissen feststellt. Das beginnt beim Titel der Auswertung: „Vorausschauen lohnt sich. Alles andere ist Umschau.“ Und es setzt sich auf den folgenden Seiten mit dieser Art Wortspielen fort: „Schau mal einer an!“ „Da schauen die anderen.“ „Weiter schauen als andere.“ „Gar nicht mehr aufschauen.“
Beide Zeitungen werden von den Lesern geschätzt: Die Umschau bekommt Bestnoten für Glaubwürdigkeit, Verständlichkeit (je 97 Prozent Zustimmung) und Informationsgehalt (94 Prozent), bei My Life sind es die Kategorien „medizinisch fundiert“ (98 Prozent Zustimmung), „unterhaltsam“ und „modern“ (je 96 Prozent). Aber welche Zeitschrift kommt nun besser an? My Life hat die eigenen Leser auch danach gefragt: „Wie gefällt Ihnen My Life im Vergleich zur Apotheken Umschau, sofern Sie diese kennen?“ Demnach finden 53 Prozent das Produkt aus dem Hause Burda besser, weitere 43 Prozent genauso gut.
Der Wort & Bild Verlag hat seine Leser nicht nach ihrer Einstellung zum neuen Mitbewerber befragt, das macht man als Nummer 1 typischerweise auch nicht. Burda feiert das Ergebnis der eigenen Umfrage: „Überzeugend – schon beim ersten Reinschauen: My Life gefällt Leser*innen besser als die Apotheken Umschau.“
Apothekerin Sylke Bergmann wollte sich nicht auf hauseigene Umfragen der Verlage verlassen: Sie hat in einer Testphase beide Magazine parallel abgegeben und ihre Stammkunden um eine Einschätzung gebeten. Seit sie die Margareten-Apotheke in Münster vor 14 Jahren übernommen hat, verteilt sie die Umschau, bei My Life ist sie als treue Noweda-Kundin seit dem Start im April mit von der Partie. Ihr war aber von Anfang an klar, dass sie sich für eine Zeitung entscheiden würde, weshalb sie über etwa drei Monate die Antworten ihrer Kunden gesammelt hat.
Demnach wurde My Life wiederholt als frischer, moderner, aktiver, flotter, bunter und positiver beschrieben. Auffällig fand Bergmann auch, wie oft die guten Kochrezepte als Vorteil des neuen Hefts genannt wurden Aber nicht nur die Kochrezepte wurden angesprochen, sondern auch die Gesundheitsthemen kamen sehr positiv bei den Lesern rüber.
Und noch eine Erkenntnis war für die Apothekerin überraschend: „Die Leute rätseln nicht mehr.“ Bei My Life ist der Rätselteil nicht im Hauptprodukt integriert, sondern als einzelnes Heft Teil des Portfolios. Obwohl die Zeitschriften in der Margareten-Apotheke aktiv angeboten werden, gibt Bergmann nur ein Rätselheft auf drei Magazine heraus. Über den TV-Teil kann sie keine Aussagen treffen, denn darauf hat sie schon bei der Umschau stets verzichtet.
Ihr Fazit: My Life wird durchschnittlich als jünger wahrgenommen, was sich auch in der Leserschaft widerspiegele: „Ich erreiche jetzt auch die 30- bis 50-Jährigen“, so Bergmann. Eine Kundin habe sogar tatsächlich nach der „Junior Bravo“ verlangt.
Fairerweise muss man bei dem Vergleich sagen, dass Bergmann überzeugtes Noweda-Mitglied ist. Im Apothekerforum von My Life wurde von ihr eine Leserfrage mit pharmazeutischem Fachwissen beantwortet – was die Kunden ebenfalls beeindruckt haben mag. Aber die Apothekerin beteuert, ihre Stammkunden ohne weitere Einflussnahme um ihre Einschätzung gebeten zu haben.
Für die Umschau sprach den Kunden zufolge neben der jahrelangen Treue zum Blatt der persönliche Bezug: „Da sind meine Krankheiten drin“, wusste eine Leserin. Außerdem seien die Rätsel besser und in der My Life zu viel Werbung. Letzteres wurde von einer anderen Kundin allerdings über die Umschau gesagt. So ist das mit der persönlichen Wahrnehmung.
Mehrfach sei es vorgekommen, dass die Kunden gar nicht zwischen den beiden Heften unterschieden, berichtet Bergmann weiter. My Life sei dann etwa als „die neue Umschau“ abgefragt worden. „Für viele Leute ist das einfach ‚das Apothekenmagazin‘“. Da sich der Newcomer sehr bewusst an das Angebot des Platzhirschs angelehnt hat, ist die Verwechslungsgefahr in der Tat groß.
Bergmann hat sich letztlich für My Life entschieden und die Umschau zum Jahresende gekündigt. Der Vorteil besteht aus ihrer Sicht aus dem Zusammenspiel der Zeitung mit der Plattform IhreApotheken.de. Der Kunde werde zudem über die anderen Burda-Hefte und aktuell auch im Fernsehen auf die Apotheke vor Ort aufmerksam gemacht. „Für mich ist das Angebot günstiger und ich bekomme die TV-Werbung – und zwar nicht für die Zeitung, sondern für die Plattform IhreApotheken.de, wo der Kunde gezielt seine Stammapotheke anwählen kann“, so Bergmann.
Der Wort & Bild Verlag ist über die Initiative Pro AvO ebenfalls an der Entwicklung einer Plattform beteiligt. Aber dieses Angebot befindet sich noch in der Entstehung. Bei Pro AvO geht man davon aus, dass der Startschuss erst mit der Einführung des E-Rezepts fällt. Neben dem Verlag sind die Noventi, die Großhändler Gehe und Sanacorp sowie BD Rowa mit von der Partie. Zwischenzeitlich haben sich auch die Kooperationen Linda und Gesund-ist-bunt der Initiative angeschlossen.
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