Die Apotheke im Bahnhof befindet sich – wie der Name bereits nahe legt – im Bahnhofsgebäude der österreichischen Kleinstadt Lienz. Die Kunden haben Zugang über zwei Eingänge, darunter direkt aus der Bahnhofshalle. Diese besondere Lage und das beherzte Eingreifen der Apothekerin Anna Holzer retteten einer Schulklasse die Klassenfahrt.
Holzer war an jenem Tag für den Nachtdienst eingeteilt und schlief im Bereitschaftszimmer. Plötzlich wurde sich von lauten Geräuschen wach. „Jemand klingelte Sturm und hämmerte an die Türen“, erinnert sie sich. Angst hatte die Apothekerin zwar keine. Denn in der kleinen Stadt passiere nichts. „Allerdings dachte ich, dass es etwas ganz Schlimmes passiert sein musste“, erzählt sie.
Als sie ihr Nachtdienstfenster öffnete, stand jedoch zu ihrer Verwunderung eine gesamte Schulkasse des Gymnasiums in Lienz vor ihr. Sichtlich aufgeregt und verzweifelt schilderten die etwa 16-jährigen Jugendlichen ihr Dilemma. Sie hatten ihr gesamtes Gepäck für ihre Klassenfahrt nach Paris in den absperrbaren Gepäckaufbewahrungsfächern im Bahnhof hinterlegt, um es vor der Busabfahrt, die erst um drei Uhr nachts startete, wieder abzuholen.
„Die Schüler treffen sich oft eben bereits am Abend und verbringen voller Vorfreude gemeinsam die Zeit vor der Klassenfahrt“, erklärt Holzer. Was die Schulklasse an jenem Tag allerdings nicht bedacht hatte, war, dass das Bahnhofsgebäude von 23 bis 5 Uhr in der Früh geschlossen wird. So standen die Schüler nun vor der Apothekerin am Nachtdienstfenster – ohne Gepäck und vollkommen ratlos.
Und da kam die besondere Lage der Apotheke ins Spiel. „Die einzige Möglichkeit war eigentlich, den zweiten Eingang der Apotheke aufzusperren und die Schüler in den Bahnhof zu lassen“, berichtet Holzer. Allerdings hatte die Apothekerin Bedenken, dass sie mit ihrer Rettungsaktion einen Alarm auslöst und so einen Großeinsatz der Polizei provoziert. „Ich hatte aber wenig Zeit zu überlegen“, erinnert sie sich.
Und so sperrte die Apothekerin den Eingang zur Bahnhofshalle kurzerhand auf und ließ zwei Schüler in die Bahnhofshalle herein, die für die ganze Klasse das Gepäck aus den Fächern holten und nach draußen trugen. Nach und nach fanden alle Rucksäcke und Taschen ihre erleichterten Besitzer und die Klassenfahrt konnte, dank des Einsatzes der Apothekerin, wie geplant starten. Einen Alarm gab es zum Glück auch nicht.
Einige Tage später erhielt die Apothekerin eine Postkarte aus Paris mit einem herzlichen Dankeschön und Unterschriften der Schüler. „Ich war natürlich froh, helfen zu können“, winkt die Apothekerin bescheiden ab. „Zumal es purer Zufall war, dass wir ausgerechnet an diesem Tag Notdienst hatten.“ Denn sonst wäre es für die Schüler schwierig geworden, an ihr Gepäck heranzukommen und die Klassenfahrt planmäßig anzutreten.
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