Medikationsdatenbank

Apotheker teilen Kundendaten Benjamin Rohrer, 20.07.2011 08:57 Uhr

Berlin - 

Erstmals können mehrere Apotheken in Deutschland auf die Arzneimittelhistorie ihrer Patienten gemeinsam zugreifen. Die Apothekerkammer Westfalen-Lippe startet im Bochumer Stadtteil Wattenscheid unter dem Namen „TEAM eGK“ ein Pilotprojekt zur Arzneimitteltherapiesicherheit: Die Medikationsdaten der Kunden von bis zu 19 teilnehmenden Apotheken werden dabei auf einem zentralen Server gespeichert. Mit Hilfe der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) sollen die Daten erstmals apothekenübergreifend abrufbar sein.

Die Kammer will damit die Medikamentenversorgung verbessern: „Insbesondere Patientinnen nehmen verschiedene Arzneimittel häufiger und in größerer Anzahl ein als Männer“, erklärt ein Kammersprecher. Gerade in solchen Fällen könnte eine zentral gespeicherte Medikationsliste helfen, Doppel- oder Fehlverordnungen sowie Wechselwirkungen zu verringern. Wissenschaftlich betreut und nach drei Jahren evaluiert wird das Pilotprojekt durch das Pharmazeutische Institut der Universität Bonn.

Mit Absicht habe man ein kleines Gebiet mit einer sehr begrenzten Zahl von Apotheken ausgewählt. „Hätten wir uns für eine größere Stadt entschieden, wäre die Fluktuation der Patienten zwischen einzelnen Apotheken ungleich größer gewesen“, so der Kammersprecher. Es soll aber keine Anreize geben, die Kunden zu einem Apothekenwechsel zu bewegen.

Als zweites Ziel hat sich die Kammer gesetzt, den Nutzen der eGK für die Apotheken zu erproben. Die Teilnehmer erhalten ein Kartenlesegerät sowie eine „Institutionenkarte“, die sie als Heilberufler berechtigt, auf den Server zuzugreifen. Der Patient muss jedem Zugriff zustimmen: Auch er muss seine elektronische Gesundheitskarte (eGK) in das Lesegerät stecken, um den Zugriff des Apothekenmitarbeiters zu autorisieren.

Die Daten über die verschreibenden Ärzte oder die Apotheke werden anonymisiert gespeichert. Wettbewerbliche Bedenken könne man daher ausschließen, so der Sprecher.


In einem späteren Schritt sollen auch Ärzte an dem Projekt beteiligt werden. „Nachdem wir die Apotheken ins Boot geholt haben, möchten wir auch Mediziner überzeugen“, so der Kammersprecher. Ärzte könnten entscheidend zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit beitragen, wenn sie Zugriff auf die Medikationsdaten hätten. Erste Gespräche mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KV) Westfalen-Lippe hätten bereits stattgefunden.

Finanziert wird das Pilotprojekt zunächst durch ein Preisgeld in Höhe von 620.000 Euro: Nordrhein-Westfalens Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat die Apothekerkammer für ihr Pilotprojekt nämlich prämiert. Im Rahmen des Landeswettbewerbes „IuK&Gender Med.NRW“ wurden 25 von 105 eingereichten Projekten ausgezeichnet - insgesamt standen 17 Millionen Euro vom Land und vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zur Verfügung. Ziel des Wettbewerbs war es, zukunftsorientierte Projekte in der Gesundheitswirtschaft zu fördern.