Eine weitere Krankenkasse will die patientenindividuelle Verblisterung im kleinen Rahmen testen: Die AOK Rheinland/Hamburg plant derzeit in NRW ein Modellprojekt in Pflegeheimen und mit ambulanten Pflegediensten. Verhandlungen mit derzeit vier Apotheken und einem Blisterzentrum laufen. Vor knapp einem Jahr hatte auch die Kohl-Tochter 7x4 ein Modellprojekt vorgeschlagen - doch die Kasse hatte abgelehnt.
Partnerin der AOK wird zunächst die Apothekerin Susan Musicaro. Sie hat die „Interessengemeinschaft Blister Aachen“ gegründet, der bislang ihre drei Farma-Plus Apotheken in Aachen, Düren und Eschweiler angehören sowie die Birken-Apotheke in Köln. Diese wiederum gehört Erik Tenberken, der im Frühjahr das Blisterzentrum „Kölsche Blister“ gegründet hatte. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC soll das Pilotprojekt exklusiv über dieses Blisterzentrum laufen. Tenberken betreibt zudem die Versandapotheke fliegende-pillen.de.
Über Details will Musicaro erst sprechen, wenn die Unterschriften unter dem Vertrag stehen. Die Planungen sind aber offenbar weit fortgeschritten: Laut einem Vertragsentwurf, der APOTHEKE ADHOC vorliegt, sollen an dem Projekt rund 2000 Versicherte der AOK teilnehmen. Parallel soll der Einsatz von Dispensern bei ambulanten Pflegediensten getestet werden.
Mit den Apothekern rechnet die Kasse demnach tablettengenau ab, bezogen auf den Herstellerabgabepreis der größten im Markt befindlichen Packung. Für die „pharmazeutische Leistung“ sollen die Apotheker zusätzlich 4 Euro pro Patient und Woche erhalten, für die „sonstigen Leistungen im Rahmen der Verblisterung“ 3,50 Euro.
Zunächst kooperiert Musicaro alleine mit dem Blisterzentrum; mit der Systemzentrale von Farma-Plus, dem Münchener Marketingunternehmen IMG, hat das Projekt laut Musicaro nichts zu tun. Sorgen machen müssten sich die Kollegen im Rheinland nicht, sagte die Apothekerin: „Niemand wird aus seiner Heimversorgung herausgedrängt. Das ist ein Projekt für die Apotheken, das jedem zugänglich sein soll.“ Tatsächlich sollen laut Vertrag „auch andere Apotheken insbesondere aus dem Aachener Raum“ in das Modellvorhaben einbezogen werden.
Bei der AOK Rheinland/Hamburg hieß es auf Nachfrage, mit den Apothekern seien „erste Gespräche“ geführt worden. Vor knapp einem Jahr hatte die Kasse auch mit der Kohl-Tochter 7x4 über ein Modellprojekt gesprochen. Doch von diesem Projekt war man nicht überzeugt: „Das war nicht praktikabel und nicht so durchschlagend effizient, wie wir uns das gewünscht hätten“, sagte ein Sprecher der Kasse gegenüber APOTHEKE ADHOC.
Bei 7x4 trägt man die Abfuhr mit Fassung. Man sei mit mehreren Kassen in Gesprächen über Modellprojekte, für einige sei das Angebot eben nicht umsetzbar, sagte ein Unternehmenssprecher. Mit den laufenden Projekten ist man bei der Kohl-Tochter dagegen sehr zufrieden: Dem AOK-Piloten in Berlin hätten sich mittlerweile die Bahn BKK, die BKK VBU und die IKK Brandenburg und Berlin angeschlossen. „Das wird sehr aktiv vorangetrieben von den Partnern“, so der Sprecher. Beim Pilotprojekt mit der AOK Plus (Sachsen/Thüringen) sei das Gebiet vergrößert worden.
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