Lieferdefekte sind in den vergangenen Monaten das vielleicht größte Ärgernis am HV-Tisch. Der Chemnitzer Apotheker Jürgen Hoffmann will die Politik drängen, endlich etwas zu unternehmen und startet am kommenden Freitag eine Petition gegen Lieferengpässe. Wie genau die ablaufen soll, weiß er selbst noch nicht, aber: „Es war mir wichtig, dass endlich mal jemand etwas unternimmt!“
„Das ist schon wie zu DDR-Zeiten“, sagt Hoffmann hörbar erregt. „Da haben wir auch stapelweise Rezepte gesammelt, Klammern dran gemacht und wenn dann mal eine Lieferung aus Bulgarien kam, haben wir den Stapel abgearbeitet.“ Aktuell wurmt ihn, dass die Apotheker für die Fehler von Politik und Wirtschaft den Kopf hinhalten müssen. Die Patienten würden oft mit Unverständnis reagieren, wenn er ihnen ein verschriebenes Präparat nicht abgeben könne. Auch um solchen Diskussionen endlich aus dem Weg gehen zu können, habe er die Petition initiiert.
Seit 1991 betreibt Hoffmann in Burgstädt bei Chemnitz die zentral gelegene Schwanen-Apotheke, „aber Innenstadt einer Kleinstadt ist ja heutzutage auch nicht mehr so viel wert wie die in einer Großstadt“, erklärt er. Dass er kürzlich eine Mitarbeiterin zu Marketing-Zwecken eingestellt hat, gab den nötigen Impuls. Sie habe ihn auf die Idee gebracht, nicht nur selbstständig Unterschriften zu sammeln, sondern mit einer Petition politischen Druck aufzubauen. Zuletzt hatte Pharmaziestudent Benedikt Bühler für ein Verbot des Rx-Versands Unterschriften gesammelt, damit habe Hoffmanns Vorstoß aber nichts zu tun.
Ziel der Petition solle sein, dass der Bundestag Pharmaunternehmen gesetzlich dazu verpflichtet, wichtige Arzneimittel stets auf Vorrat zu halten. Bei ausbleibenden Lieferungen sollen ihnen harte Strafen auferlegt werden, so die Forderung weiter. Doch auch an der Wurzel will Hoffmann anpacken: „Für mich sind eindeutig die Rabattverträge schuld an den Lieferproblemen“, sagt er. „Wenn ich für Medikamente kaum noch etwas bezahle, ist es doch klar, dass die Hersteller nur noch das produzieren, was viel einbringt.“ Deshalb fordert er in der Petition auch die Abschaffung der Rabattverträge. „Meiner Meinung nach sind Festbeträge völlig ausreichend“, sagt er.
Ob die Petition letztlich wirklich zu politischen Veränderungen führen wird, wagt Hoffmann noch nicht zu prognostizieren. „Dass das politisch etwas bewegt, sehe ich noch nicht. Aber mir war es wichtig, dass jemand überhaupt erstmal etwas macht.“ So wundere es ihn auch, dass das Thema in den Medien nicht mehr diskutiert werde.
Damit die Aktion Schwung bekommt, müssen sich natürlich möglichst viele Apotheken beteiligen. Der Petitionsbogen wird am Donnerstag auf der Homepage der Schwanen-Apotheke veröffentlicht, wie er seine Botschaft aber aktiv weiterverbreiten soll, darüber habe er sich noch keine Gedanken gemacht, räumt er ein. „Eigentlich müssten da ja die Kammer oder der Verband auch mal etwas in Angriff nehmen“, sagt er.
Ab Freitag liegt die Petition in seiner Apotheke aus, er wolle sich bemühen, Patienten aktiv auf das Anliegen anzusprechen und sie über die Problemlage aufzuklären. „Aber die Unterschriften aus unserer Apotheke werden da natürlich noch nicht reichen.“ Eine weitere Überlegung wäre es, die Petition auch online zugänglich zu machen, auch darum habe er sich noch nicht gekümmert. Bevor die Petition beim zuständigen Bundestagsausschuss angemeldet wird, sollten derlei Fragen geklärt sein – denn dann beginnt die vierwöchige Frist zur Erreichung des notwendigen Quorums von 50.000 Unterschriften.
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