Generikaaustausch

Apotheker sollen Diagnose abfragen Alexander Müller, 21.07.2009 15:39 Uhr

Berlin - 

In der Debatte um die Austauschbarkeit von Arzneimitteln droht die Verantwortung bei den Apothekern hängen zu bleiben. Ein aktuelles Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) bringt eine neue Variante in die Diskussion: Den Richtern zufolge müssen Apotheker bei unklaren Fällen nachfragen, für welche Indikation der Patient sein Präparat verschrieben bekommen hat.

Dem Sozialgesetzbuch ist laut OLG nicht eindeutig zu entnehmen, ob ein „gleicher Indikationsbereich“ nur dann vorliegt, wenn die Indikationsbreite vollständig identisch ist, oder ob eine Übereinstimmung der Indikation bei der tatsächlich gestellten Diagnose ausreicht.

Hier stellt das OLG klar: Substituiert werden darf, wenn die konkrete Indikation vom Austauschmedikament abgedeckt wird. „Ist die Substituierbarkeit wegen unterschiedlicher Indikationsbereiche unklar, darf der Apotheker das preisgünstige Arzneimittel gemäß § 17 Abs. 5 Apothekenbetriebsordnung nicht abgeben, bevor die Unklarheit - etwa durch Rücksprache mit dem verordnenden Arzt - beseitigt ist“, so das Urteil.

Gleiches gelte für Wirkstoffverordnungen: „Auch hier muss sich der Apotheker Gewissheit darüber verschaffen, dass das ausgewählte preisgünstige Arzneimittel für die der Verschreibung zugrunde liegende Indikation zugelassen ist, um einen unter dem Aspekt der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels unzulässigen off-label-use zu verhindern“, so das OLG.

Wie diese Vorgabe in der Praxis umgesetzt werden soll, lässt sich dem Richterspruch nicht entnehmen. Eine Abfrage der Diagnose in der Apotheke ist derzeit zumindest unorthodox; ebenso unklar ist, wie sich Apotheken bei telefonischer Nachfrage gegenüber dem Arzt legitimieren sollen. Auf dem Rezept darf der Arzt die Diagnose jedenfalls nicht vermerken.

Mit der Entscheidung positioniert sich das OLG zwischen dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und der AOK auf der einen und den Pharmaherstellern auf der anderen Seite. BMG und AOK wollen eine Substitution erlauben, sobald eine einzige Indikation übereinstimmt - unabhängig von der Diagnose des Arztes. Aus Sicht der Hersteller darf nur substituiert werden, wenn das Austauschmedikament alle Indikationen abdeckt. In der Rechtssache ging es um die Austauschbarkeit von Clopidogrel. An der Rechtslage zur Substitution ändert sich damit grundsätzlich nichts.