„Apotheker sind keine Jahrmarktsverkäufer“ Alexander Müller, 17.03.2012 09:02 Uhr
Ein easy-Apotheker aus Bayern wurde wegen seiner Rx-Boni zu einer Strafe von 5000 Euro verdonnert. In den jetzt vorliegenden Urteilsgründen erklärt das Berufsgericht für Heilberufe in Nürnberg-Fürth, warum die Strafe angemessen ist: Apotheker seien eben keine Gebrauchtwagenhändler oder Jahrmarktsverkäufer.
Für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel hatte der easy-Apotheker seinen Kunden einen 1-Euro-Einkaufsgutschein mitgegeben. Diese konnten bei späteren OTC-Käufen eingelöst werden. Mit der von der Systemzentrale vorgegebenen Variante glaubte man sich auf der sicheren Seite. Immerhin hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im September 2010 Boni bis zu einem Euro als wettbewerbsrechtlich unbedenklich angesehen.
Auch das Berufsgericht stützt sich auf die BGH-Entscheidung, kommt aber zu einem anderen Ergebnis: Die Gewährung von Einkaufsgutscheinen bei Rx-Medikamenten sei ein Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und die Preisbindung. Dies habe auch der BGH so gesehen. Die von den obersten Zivilrichtern eingezogene Spürbarkeitsgrenze gelte aber berufsrechtlich nicht für Apotheker.
Diese Bagatellschwelle nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) gelte zwar für den gesamten wirtschaftlichen Verkehr. Apothekern kommen aber die Aufgabe zu, die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen. Deswegen sei nach der Berufsordnung jede unlautere Handlung unzulässig – unabhängig von ihrer Wirkung.
Apotheker dürften nach den Regeln des Berufsrechts auch strenger bestraft werden – sie seien eben keine Gebrauchtwagenhändler oder Jahrmarktsverkäufer. „Im Hinblick auf die Bedeutung seiner öffentlichen Aufgabe ist bei ihm unlauteres Verhalten auch dann zu ahnden, wenn dies bei anderen Berufsgruppen nicht geschehen würde.“
Ein Verbot von Rx-Boni ist aus Sicht des Berufsgerichts deshalb auch kein Eingriff in die Grundrechte des Apothekers. Eine restriktive Regelung sei aufgrund seiner besonderen Aufgaben gerechtfertigt.
Mit Blick auf die zum Teil deutlich höheren Rx-Boni ausländischer Versandapotheken wollten die Richter auch von Inländerdiskriminierung nichts wissen: „Es gibt keine Gleichheit im Unrecht“, so das apodiktische Urteil. Es sei vielmehr Aufgabe der Obergerichte oder „notfalls auch des Gesetzgebers“, ausländische Versender an die deutschen Preise zu binden.
Die Höhe der Strafe von 5000 Euro plus 400 Euro Verfahrensgebühr sei angemessen: Entscheidend sei die Intensität des Verstoßes. Da der Apotheker seine Boni wochenlang in Annoncen beworben und Flyer gedruckt hatte, müsse der vorsätzliche Verstoß gegen die Berufsordnung wohl überlegt gewesen sein. Denn die Kosten für die Werbung würden mit Sicherheit unter den erwarteten Gewinnen der Aktion liegen. Die Richter hielten dem Apotheker zu Gute, dass er ansonsten noch ein unbeschriebenes Blatt und die Frage der Rx-Boni generell umstritten ist.