Viele Menschen müssen regelmäßig nach ihren Gesundheitsunterlagen suchen und verzweifeln häufig dabei. Ob Impfpass, Krankenhausentlassbrief, Medikationsplan oder die CD mit den letzten Röntgen-Aufnahmen: Sie verschwinden wie von Geisterhand, wenn man sie dringend braucht. Die elektronische Gesundheitskarte soll Abhilfe schaffen. Doch wann es so weit ist, steht in den Sternen. Apotheker Dr. Hannes Egle hat für seine Kunden daher einen Gesundheitsordner entwickelt, in dem alle Gesundheitsunterlagen systematisch abgelegt werden können. Schon bald könnte er auch in anderen Apotheken erhältlich sein.
Vor zwei Jahren hat Egle mit der Entwicklung des Gesundheitsordners begonnen. Die Idee: Alles, was für die Gesundheit der Patienten wichtig ist, zu bündeln und gleichzeitig übersichtlich gestalten. Seit Sommer ist der Gesundheitsordner in seinen insgesamt vier Apotheken im Landkreis Tuttlingen zum Preis von 19,90 Euro erhältlich. Hauptzielgruppe sind nach Angaben des Apothekers Menschen über 40, „bei denen die ersten Zipperlein auftreten“, chronisch kranke und multimorbide Patienten.
Der Gesundheitsordner ist als klassischer Spiralordner angelegt, so dass er immer weiter ergänzt werden kann. So kann dort etwa der Medikationsplan des Arztes hinterlegt werden, der vom Apotheker ergänzt werden kann. Aber auch Impf-, Allergie- oder Röntgenpass können ganz problemlos verstaut werden. Ganz nach dem Motto: Nur nicht mehr im Haushalt nach den Unterlagen suchen.
Sollte es einmal schnell gehen müssen oder der Patient nicht ansprechbar sein, so haben die Angehörigen mit dem Gesundheitsordner ebenfalls eine gute Möglichkeit, den behandelnden Arzt ganz unkompliziert auf eine mögliche Vorgeschichte hinzuweisen. Auch in Notsituation seien alle notwendigen Informationen schnell verfügbar. „Nehmen wir den Fall an, dass ein Kind Spülmittel verschluckt hat und man sofort die Giftinformationszentrale braucht“, erklärt Egle. „Alle wichtigen Kontaktdaten sowie das individuelle Notfallblatt sind prominent am Anfang des Ordners zu finden.“
Dabei ist für den Apotheker eines wichtig: Der Gesundheitsordner ist nicht nur für die Akutsituation, sondern für den Alltag bestimmt. „Wir brauchen Informationen, um unsere Kunden richtig zu beraten“, sagt Egle. Das würden Ärzte, zu denen der Apotheker einen kurzen Draht hat, in Gesprächen ebenfalls immer wieder betonen. Daher gibt es in dem Gesundheitsordner einen Bereich, in dem der Patient seine Krankengeschichte dokumentieren kann: Angefangen bei Kinderkrankheiten, die vielleicht schon Jahrzehnte zurückliegen und bei denen man immer wieder bei Verwandten nachfragen muss, bis zu aktuellen Diagnosen. Auch für individuelle Blutdruck- und Blutzucker-Tagebücher gebe es ausreichend Platz.
Auch für eine qualitativ hochwertige Beratung in der Apotheke seien Diagnosen und Laborwerte in manchen Fällen sehr aufschlussreich und würden helfen, die richtige Entscheidung zu treffen, betont Egle. Außerdem könne man auf einen Blick sehen, welche Medikamente der Patient einnehme.
„Zwei Jahre habe ich an dem Gesundheitsordner gearbeitet, bis ich alles zusammen hatte“, berichtet Egle. Es sei ihm immer wieder etwas eingefallen, das er noch in den Gesundheitsordner integrieren wollte. So gibt es etwa einen Bereich mit QR-Codes, die im Internet zu Beratungsvideos in verschiedenen Sprachen führen. Zudem sind im Ordner Wissensblätter enthalten, die beispielsweise zu Cholesterin oder zu FSME informieren.
Egle ist sich sicher, dass die komplette Digitalisierung der medizinischen Daten der Patienten auf der Gesundheitskarte der Krankenkassen noch länger auf sich warten lässt. Auch einer der Hauptkritikpunkte – der Datenschutz – ist beim Gesundheitsordner kein Problem. „Damit hat der Patient die volle Hoheit über seine Gesundheitsdaten“, so der Apotheker. „Er kann den Ordner mit zum Arzt oder in die Apotheke mitnehmen – oder er kann ihn zu Hause lassen.“ Allerdings betont er auch, dass Arzt und Apotheker „fachlich ordentliche Informationen“ benötigen.
„Der Ordner wird gut angenommen“, sagt er. Da die Kunden das Angebot nicht erwarteten, müssten die Mitarbeiter aktiv auf sie zugehen, die Idee erklären und die Vorteile des Gesundheitsordners veranschaulichen. Etwa jeder fünfte angesprochene Kunde entscheide sich für den Kauf des Ordners.
Schon bald könnte er auch in anderen deutschen Apotheken erhältlich sein. Eine Apothekenkooperation sei auf sein Projekt aufmerksam geworden und habe Interesse bekundet. „Die Gespräche laufen gerade an“, sagt Egle, der zunächst nicht verraten will, um welche Kooperation es sich handelt. Sollten sie sich einig werden, können die Mitgliedsapotheken den Ordner – individuell gelabelt – schon bald ihren Kunden anbieten.
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