Apotheker schaltet Anzeige gegen Apothekenreform Carolin Ciulli, 20.06.2024 09:22 Uhr
Die geplante Apothekenreform hat nicht nur drastische Folgen für die Apotheken. Auch die Kundinnen und Kunden werden die Auswirkungen spüren. Davon geht Apotheker Dr. Christian Fehske aus. Der Inhaber aus Hagen lässt gemeinsam mit weiteren Kollegen aus der Stadt eine Anzeige in der Tageszeitung schalten. Die Botschaft: „SPD-Minister erzwingt Verschlechterung der Medikamentenversorgung.“
In sieben Punkten stellt Fehske die Folgen für die Bürgerinnen und Bürger dar. Ihm zufolge wird es bereits ab Juli spürbare Auswirkungen geben. Besonders freut er sich, dass 27 der 28 verbliebenen Hagener Apotheken die Aktion unterstützen. Die Inhaberinnen und Inhaber hätten namentlich unterzeichnet, sagt er. „Das finde ich schon mal ein starkes Zeichen.“ Den Bundestagsabgeordneten habe er die Anzeige bereits geschickt, Timo Schisanowski von der SPD habe bereits geantwortet.
Über der Anzeige steht in Großbuchstaben „Bürgerinformation“, auch das rote Apotheken-A sowie ein Foto von Fehske ist abgebildet. Informiert wird über verkürzte Öffnungszeiten: „Minister Lauterbach will lieber an Apotheken-Öffnungszeiten sparen als einen Inflationsausgleich zu bezahlen“, heißt es. In diesem Zusammenhang wird auf den Notdienst und die sinkende Zahl der Apotheken eingegangen.
Zweiter Punkt ist der Aufnahmestopp von Substitutionspatientinnen und -patienten. „Die Methadonversorgung von Suchtkranken können nur ‚vollversorgende Apotheken‘ übernehmen, deren Anzahl per Gesetz weiter reduziert werden soll“, heißt es. Zudem wird auf die längere Wartezeit für Rezepturen hingewiesen: „Per Gesetz soll die relative Anzahl Rezepturen herstellender Apotheken (z.B. Cremes, Salben, Fiebersäfte etc.) weiter reduziert werden, was die bereits unzumutbare Belastung für diese Apotheken weiter erhöht. Ab 1.7.2024 beträgt daher die übliche Wartezeit für Rezeptur-Herstellungen 5 Werktage.“
Auch für den Botendienst kündigt Fehske Einschnitte an: Neue übliche Belieferungsgeschwindigkeit mit Arzneimitteln sei wegen des wirtschaftlichen Drucks erst der Folgetag (bzw. Samstag dann der Montag). Ausnahmen seien derzeit noch möglich, zum Beispiel in der Palliativversorgung. Zudem könnten unter diesen Umständen keine Impfungen und Tests mehr angeboten werden.
Auch die Personalkosten und die Löhne sind ein Thema: Es müsse ein neuer Ausbildungsinhalt bei Apothekenberufen eingeführt werden: „Einkommen mit Bürgergeld ergänzen“: Für die Apothekenberufe PKA und PTA müssten ab sofort eine neue Pflichtschulung integriert werden, wie Aufstockerleistungen („Bürgergeld“) beim Jobcenter korrekt zu beantragen seien. „Bitter, aber wahrscheinlich bald nötig, denn: Die SPD hat zwar die Verantwortung für die Apothekenvergütung übernommen, aber während sie Beamten (TVÖD) und Abgeordneten (Diäten) einen Inflationsausgleich jeweils gern ermöglicht hat, ignoriert die SPD die Apothekengewerkschaft Adexa und lässt damit zu, dass Tarifgehälter für ausgebildete Fachkräfte in Apotheken demnächst unter Mindestlohn liegen könnten.“
Im Fazit der Anzeige heißt es: „Die SPD und ihr Minister Lauterbach stellen offenbar Profitinteressen bestimmter Pharmakonzerne über Gemeinwohlinteressen, indem sie mit dem Apotheken-Notstandsgesetz Ihre wohnortnahe Arzneimittelversorgung durch inhabergeführte, von Apothekern geleitete Apotheken gefährden wollen. Selbstverständlich möchten wir gern zu Ihrem gewohnten Versorgungsniveau zurückkehren – sobald die Politik es wieder ermöglicht.“ Bei Fragen können sich die Leserinnen und Leser an die aufgelisteten Apothekeninhaberinnen und -inhaber wenden. Wer das Gesetz nicht möchte, solle sich an die Bundestagsmitglieder Schisanowski (SPD), Dr. Janosch Dahmen (Bündnis 90/die Grünen) und Katrin Helling-Plahr (FDP) wenden.