Am 7. und 8. Juli findet in Hamburg der G20-Gipfel der wichtigsten Staats- und Regierungschefs statt – mitten in der Stadt. Proteste sind angekündigt. Das sorgt für enorme Sicherheitsprobleme: Gullydeckel werden zugeschweißt, Sicherheitszonen eingerichtet, schon jetzt Parkhäuser gesperrt. 15.000 Polizisten sollen die Hansestadt abriegeln. Betroffen sind auch die Apotheken. Es gibt Beschränkungen beim Zugang und bei der Belieferung durch den Großhandel. Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen sieht die Arzneimittelversorgung aber nicht in Gefahr.
Die 20 Staatsführer tagen in der Hamburger Messe. Rund um das Gebiet gilt die Sicherheitszone 2. Dort wird der Zugang für Fremde an den Gipfeltagen beschränkt. Nur die Anwohnern können sich – nach entsprechend strengen Kontrollen – relativ frei bewegen: ihre Wohnung verlassen, einkaufen und gegebenenfalls zur Arbeit gehen. Der Lieferverkehr in dieser Sicherheitszone wird eingeschränkt, je nach Lage unterschiedlich streng. Apotheken und Großhändler müssen ihre Lieferungen anmelden.
Wie sich so etwas auswirkt, mussten schon die Apotheker erfahren, die kürzlich zur Delegiertenversammlung der Apothekerkammer wollten. Statt in der Universität fand das Treffen dieses Mal aus Kostengründen in einem Hotel statt. Weil aber das Parkhaus schon gesperrt war, war die Anreise nicht ganz komplikationslos.
Besonders betroffen aber ist Apotheker Christoph Rechni mit seiner Apotheke an der Elbphilharmonie. Dort findet zwar nicht der Gipfel statt. Aber weil der neue Hamburger Konzertsaal so schön klingt, wollen die Staatschefs auf Einladung von Angela Merkel dort am Freitagabend ein Konzert und ein Dinner genießen. Seit Wochen erfordert der geplante Konzertbesuch massive Sicherheitsvorkehrungen: „Schon vor drei Wochen wurden die Einzelhändler der Hafencity zu einer Versammlung gebeten“, erzählt Rechni, „dort wurde uns alles erklärt.“
„Am Freitag wird die Hafencity ab 6 Uhr morgens abgeriegelt“, so der Apotheker, und zur Sicherheitszone 2 erklärt. Beton-Poller werden aufgestellt gegen Lkw-Sprengstoffanschläge. Es wird ein sogenannter Hamburger Zaun um das beliebte Touristenviertel gezogen, um Demonstranten fern zu halten. „Hineinkommen nur noch angemeldete Besucher“, so Rechni. Der Apotheker muss den Sicherheitsbehörden eine namentliche Liste übergeben: Seine Mitarbeiter müssen dort aufgeführt sein und die Fahrer des Großhändlers. Alle, die das Viertel betreten wollen, müssen sich mit einem gültigen Personalausweis ausweisen können, sonst geht nichts.
Und ab 12 Uhr mittags dürfen keine Fahrzeuge mehr über 3,5 Tonnen in die Hafencity einfahren. Für Anwohner und Ladeninhaber ist ab Mittag nur noch die Ausfahrt erlaubt. Die Sperren dauern bis voraussichtlich Mitternacht: „Wenn die Staatschefs wieder weg sind, soll die Hafencity rasch wieder geöffnet werden“, berichtet Rechni.
Noch nicht entschieden hat Rechni, ob er seine Apotheke an diesem Tag schließt. Von der Apothekenaufsicht bekäme er dafür eine Sondergenehmigung. „Das ist kein Problem“, so der Apotheker. Aber Rechni weiß noch nicht, wie sich der benachbarte Arzt entscheidet: „Lässt er seine Praxis offen, öffne ich auch meine Apotheke.“ Schließlich müssten die Patienten versorgt werden – Staatschefs hin oder her.
Aber Umsatzeinbußen sind an diesem besonderen Freitag vorprogrammiert: „Mit entgeht ein kompletter OTC-Tagesumsatz“, so der Apotheker. Denn seine Apotheke an der Elbphilharmonie ist auf Laufkundschaft angewiesen. Es kommen viele Touristen, aber vor allem auch Pendler zum Arbeiten. „Trotzdem muss man dafür Verständnis haben“, sagt Rechni, „Sicherheit geht schließlich vor.“
Andere in der Hansestadt sehen das nicht so gelassen. „Warum muss der G20-Gipfel ausgerechnet in einer Stadt ausgerichtet werden“, kritisiert ein anderer Apotheker, der nicht genannt werden möchte. Bislang hätten die Treffen doch meist an abgelegenen Orten stattgefunden, die einfacher zu sichern gewesen seien.
Rechni findet, dass es für den Umsatzverlust an diesem Tag wenigstens eine kleine Entschädigung geben sollte. Er hat gehört, dass den betroffenen Einzelhändlern ein Freiticket für einen Museumsbesuch angeboten werden soll. „Besser wäre eine Karte für die Elbphilharmonie“, findet Rechni. Der Konzertsaal ist nämlich auf lange Zeit ausgebucht - nur für die Staatschefs gibt es eine Sonderbehandlung.
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