Apotheker ohne Grenzen (AoG) ruft seine für Auslandseinsätze ausgebildeten Mitglieder auf, mögliche Bereitschaften zu melden. Auf ihrer gestrigen Vorstandssitzung hat die humanitäre Hilfsorganisation beschlossen, in Sachen Ukraine sofort weitere Schritte einzuleiten, um sich konkret einzubringen. Unter anderem kümmert sie sich um 130 Flüchtlingskinder in Freiburg.
AoG will versuchen, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele geschulte Mitglieder an die Grenzen der Ukraine zubringen. In das Land selbst kann der Verein keine Hilfskräfte schicken, weil seine Satzung die Entsendung in Kriegsgebiete verbietet. Also versucht er, so nahe wie möglich heranzukommen und einen Beitrag zu leisten. Dazu wird Manpower benötigt: „Wir haben beschlossen, unsere Arbeit weiter zu intensivieren und Möglichkeiten zu suchen uns einzubringen“, sagt Vorstandsmitglied und Ukraine-Hilfe-Koordinator Andreas Portugal. „Zusätzlich zu Polen wollen wir in Rumänien und Moldawien aktiv werden, speziell in der Versorgung von Flüchtlingen.“
Über 500.000 Menschen sind nach UN-Angaben bereits aus der Ukraine geflüchtet, insbesondere in die westlichen Nachbarstaaten Polen, Rumänien und Moldawien. Mit der polnischen NGO Polish Medical Mission (PMM) hat AoG bereits am Wochenende eine erste Hilfslieferung auf die Beine gestellt, nun sollen Engagements in Rumänien und Moldawien folgen. „Beide Länder zählen zu den ersten, in denen Apotheker ohne Grenzen nach seiner Gründung Projekte durchgeführt hat“, erklärt Portugal. „In Moldawien beispielsweise haben wir zehn Jahre lang die pharmazeutische Ausbildung und ein örtliches Diabetesprojekt unterstützt.“
Aus dieser Zeit habe AoG noch Kontakte in den beiden Ländern, die nun aktiviert werden sollen. Es sei gut denkbar, dass dort sowie in Polen in den kommenden Tagen und Wochen Flüchtlingslager entstehen. Dort werde dann pharmazeutisches Know-how gebraucht, um die Gesundheitsversorgung der Geflüchteten sicherzustellen – eine Arbeit, mit der AoG bereits Erfahrung hat.
Dafür wird jedoch aktives Engagement der Mitglieder benötigt: Über 200 haben sich in der Vergangenheit bereits für Auslandseinsätze schulen lassen und werden nun in einem Einsatzkräftepool geführt. Am Montag beschloss der Vorstand, sie alle aufzufordern, mögliche Verfügbarkeiten zu melden. Portugal rechnet mit einem großen Rücklauf. „Dadurch, dass der Krieg mitten in Europa stattfindet und gerade so eine enorme Aufmerksamkeit erhält, gehe ich davon aus, dass sich viele melden werden.“ Über alle Zeitfenster zusammengenommen schätze er, dass sich um die 50 Pharmazeutinnen und Pharmazeuten für einen Einsatz bereiterklären.
Zu tun gibt es jedenfalls mehr als genug: Nach einer ersten Lieferung von Verband- und Hilfsmitteln am Sonntag sollen nun über Polen zeitnah auch Medikamente in die Ukraine geliefert werden. „Es gibt jetzt erste Anfragen zu Arzneimitteln. Damit haben sie dort keine Erfahrung und können unser Know-how gut gebrauchen“, sagt Portugal. „Wir warten gerade noch darauf, dass rechtliche Fragen zur Ausfuhr der Arzneimittel geklärt werden, damit es losgehen kann.“
Doch auch in Deutschland selbst ist AoG bereits aktiv: In Freiburg sind am Montag 130 geflüchtete Kinder aus der Ukraine angekommen. „Unter ihnen wurden Corona- und Influenzafälle festgestellt, weswegen wir dort die medizinische Versorgung übernehmen.“
All das wird Geld kosten und voraussichtlich nicht wenig, AoG ist deshalb weiter auf Spenden angewiesen. Einige seien bereits eingegangen. „Das ist Geld, das wir gewinnbringend einsetzen werden“, verspricht Portugal. 10.000 Euro hatte AoG bereits für die ersten Hilfslieferungen freigegeben, am Montagabend hat der Vorstand beschlossen, weitere Gelder zu mobilisieren.
Wie viel und wofür genau stehe allerdings noch nicht fest, sagt Portugal. „Alle sind sich einig, dass wir über die bisherigen 10.000 Euro hinaus Gelder freigeben werden, aber das wird abhängig vom jeweiligen Einzelfall sein.“
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